zum Hauptinhalt

Berlin: Lange Nacht der Politessen

In der City West soll das Parken bis Mitternacht gebührenpflichtig werden. Als Vorbild gilt das Szeneviertel rund um den Hackeschen Markt

Die rotgrüne Rathausmehrheit in Charlottenburg-Wilmersdorf bleibt dabei: Rund um den Kurfürstendamm sollen Autofahrer bis Mitternacht eine Parkgebühr von einem Euro je halber Stunde zahlen. Das wird die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) voraussichtlich am morgigen Donnerstag beschließen – gegen die Stimmen der CDU und FDP. Die Neuregelung soll Anwohnern helfen, die eine Vignette besitzen, aber abends keinen Parkplatz finden. Die Pläne betreffen auch die Lietzenburger Straße und die Umgebung des Ludwigkirch- und des Savignyplatzes (wir berichteten).

Vorbild ist das Ausgehviertel am Hackeschen Markt in Mitte. Dort sind Politessen bereits täglich bis 24 Uhr unterwegs. Die Gebühr beträgt 50 Cent für eine halbe Stunde. Trotzdem ist die Gegend abends weiterhin zugeparkt und der Besucherandrang groß. „Die Touristen kommen in der Regel sowieso nicht mit dem Auto“, sagt ein Mitarbeiter des Restaurants „Oxymoron“ in den Hackeschen Höfen. „Am Verkehrschaos hat sich nichts geändert“, kritisiert der Barkeeper im „Boma Restaurant“ an der Neuen Schönhauser Straße. Wenig begeistert ist auch Matthias Bohne von der „Brauerei Lemke“ in der Dircksenstraße: „Unsere Gäste sind nicht mehr so lange hier und essen schneller.“ Es sei außerdem „etwas ruhiger geworden“. Bohne hält Parkgebühren nur bis zum Ladenschluss um 20 Uhr für sinnvoll. Mehr Eile bei den Gästen haben auch Angestellte des Lokals „Rosental“ in der Rosenthaler Straße bemerkt. „Die Leute passen sehr auf, um keinen Strafzettel zu bekommen.“ Im Hotel Hackescher Markt, das nur fünf eigene Garagenplätze hat, gelten die Parkgebühren als großes Ärgernis. „Wir haben viele Firmenkunden, die mit dem Auto kommen“, sagt eine Empfangsdame.

Während die Anziehungskraft des Hackeschen Markts ungebrochen scheint, fürchten die CDU und FDP in der City West viel stärkere Folgen. Die Touristenströme dürften sich noch mehr in die östliche Innenstadt verlagern, heißt es. Dies schade nicht nur Ku’damm-Lokalen, sondern bedrohe auch die letzten dortigen Kinos .

Verkehrsstadträtin Martina Schmiedhofer (Grüne) will die Gebührenzeiten frühestens im Januar verlängern. Zuvor sei ein Gutachten nötig, das den abendlichen Parkplatzmangel belege. „Wir lassen Fremdparker zählen, die keine Vignette haben.“ Damit beuge man juristischem Ärger vor. Denn erst vor wenigen Wochen hatte das Verwaltungsgericht eine Parkraumbewirtschaftungszone in Steglitz für rechtswidrig erklärt. Die Behörden hätten „nicht genug Material“ über die Probleme im Gebiet südlich der S- und Autobahn vorgelegt, urteilten die Richter und gaben einer Anwohnerin Recht. Der Streit wird wahrscheinlich noch das Oberverwaltungsgericht als nächste Instanz beschäftigen. CD

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false