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Berlin: Lange Schlangen vor offenen Türen

Die Bundesregierung lud das Volk ein. 70000 Besucher kamen ins Kanzleramt und in die Ministerien

Die Bundesregierung bat zum Besuch. Allein 70000 kamen am ersten Tag – 20000 mehr als im vergangenen Jahr. Lange Schlangen bildeten sich vorm Kanzleramt und den Ministerien. Heute geht’s weiter.

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Zugegeben, ganz neu ist der Witz nicht, aber gestern am Kanzleramt erlebt der Scherz eine Renaissance im Minutentakt: „Ich will da rein!“, ruft auch Martin (27) wie einst Gerhard Schröder und rüttelt am Zaun des Kanzleramts. „Fürs Fotoalbum“, sagt der Student aus Kassel – da bebt der Zaun schon wieder.

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Ach, was: Schlangen! Für alle MoMA-Erprobten sind das doch Würmer. Zehn Minuten braucht man, um vorm Kanzleramt die Tasche abzugeben. Weitere 30, um auch an der letzten Kontrolle vorbeizukommen. Kein Grund zu nörgeln, sagt Hans-Peter Gumprecht. „Wenn es etwas Interessantes gibt, muss man eben warten.“ Sabine Klawuhn wäre schon morgens angerückt, um nur dieses Ereignis nicht zu verpassen: Ihr Sohn Nicolas (19) war bei der Ablösung des Wachbataillons im Ehrenhof dabei. „Ich habe ein Foto nach dem anderen gemacht.“

Najaaaa – so knapp beschreibt Tobias (7) seinen Rundgang durchs Kanzleramt. Aber weil er so wacker durchgehalten hat, darf der Junge im Kanzlergarten jetzt bestimmen: Erst zu den Hubschraubern, dann zur Hüpfburg, jetzt die Kletterwand! Aber nichts fasziniert Tobias so sehr wie Aibo, der Roboterhund. Guck mal, er kann sogar Fußball spielen.

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Um halb eins betritt Hans Eichel die Bühne im Garten des Finanzministeriums. Braun gebrannt – der Minister ist gerade von einem Urlaub auf dem Darß zurück – und ohne Krawatte sieht er ein bisschen Eichel-untypisch aus. Der Garten füllt sich rasch. Wolfram Brinck (35) fragt den Minister, wie er mit all dem Ärger um zu wenig Steuereinnahmen, steigende Staatsverschuldung und der Häme seiner politischen Gegner eigentlich persönlich klarkommt. „Wenn du hochgeschrieben wirst, wirst du irgendwann auch mal runtergeschrieben“, so Eichel.

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Die neunjährige Lisa Marie hat da eine ganz andere Frage. „Herr Eichel, wir waren eben bei Ihnen im Büro. Was machen Sie eigentlich mit den ganzen Sparschweinen?“ Im Ministergarten wird es heiter. „Ich habe vor einigen Jahren angefangen, die zu sammeln, und bekomme immer wieder neue geschenkt. Wenn ich irgendwann mal nicht mehr Minister bin, nehme ich die Sammlung mit nach Hause.“ Lisa Marie ist mit der Antwort zufrieden. „Ich habe nämlich auch zwei Sparschweine, ein glitzernd blaues und ein durchsichtiges.“

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Zuweilen erinnern die Namen an einen Ikea-Katalog: Fennek, Luna und Aladin. Nur dass es sich bei den Modellen nicht um Möbel, sondern um Aufklärungsdrohnen, Spähwagen und Systemelemente handelt. Der Preis fürs Mitmachen und Anfassen geht auch in diesem Jahr wieder ans Verteidigungsministerium. Da kann man dem Eurofighter ins Cockpit gucken, sich bei der Spürnase Fuchs hinters Lenkrad setzen. Das Publikum findet’s toll: Ein Besucher: „Supernett, wie die einem hier alles erklären!“

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Für Andy (14) geht es rapide bergab: 50 Meter pro Sekunde im Senkflug, das Flugfeld unter ihm kommt bedrohlich schnell näher. Als er endlich den Fallschirm zieht, geht ein Ruck durch seinen Körper. Die Landung fällt alles andere als sanft aus, trotzdem lächelt der Junge seelig. „Total cool, macht Spaß!“ Doch dann muss Andy schnell weiter, rüber zur Marine, wo es noch einen anderen Simulator gibt. „Da startet und landet man mit einem Helikopter von einem Boot aus!“

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