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Berlin: Langsamer fahren – besser schlafen

Nächtliche Tempo-30-Abschnitte auf Hauptstraßen sollen Anwohner vor dem Autolärm schützen. Ein Pro & Contra

Ein Allheilmittel ist sie nicht – aber wirksam soll sie sein: eine nächtliche abschnittsweise Tempobegrenzung auf 30 km/h auf Hauptstraßen. Auf 104 Abschnitten mit einer Gesamtlänge von rund 66 Kilometern will die Stadtentwicklungsverwaltung, wie berichtet, in diesem Jahr stufenweise Tempo 30 einführen, um den Verkehrslärm zu reduzieren. Ruhiger schlafen können dann aber höchstens rund 66 000 Anwohner. Nach Berechnungen der Stadtentwicklungsverwaltung schlafen aber insgesamt rund 300 000 Menschen an zu lauten Straßen.

Ein generelles Tempolimit auf 30 km/h soll es aber trotzdem nicht geben. Schon vor Jahren hatten sich der Deutsche Städtetag und das Umweltbundesamt für eine Richtgeschwindigkeit in Städten ausgesprochen. Tempo 30 sollte die Regel und Tempo 50 die Ausnahme werden. Doch keine Stadt ist bisher diesem Appell gefolgt.

Jetzt aber muss der Senat handeln, denn neue EU-Richtlinien verlangen, den Verkehrslärm zu senken. Drosseln Autofahrer das Tempo von 50 auf 30 km/h, verringert sich der Lärm um die Hälfte. Und dass zu viel Krach gesundheitsschädigend ist, haben zahlreiche Studien inzwischen nachgewiesen.

Wo immer es möglich ist, wollen die Planer deshalb die Tempo-30-Schilder aufstellen. Umgekehrt soll aber der Verkehr dadurch so wenig wie möglich behindert werden. Deshalb haben die Planer beim insgesamt 1530 Kilometer langen Hauptstraßennetz strenge Kriterien für den Lärmschutz angelegt. Der – errechnete – Krach muss den vorgegebenen Wert überschreiten, und auf 100 Metern Straßenlänge müssen mindestens 50 betroffene Anwohner leben.

Übrig blieben nach diesen Vorgaben 717 Abschnitte mit einer Gesamtlänge von 101 Kilometern. Im zweiten Schritt haben die Planer aber ein „Vorrangnetz für Tempo 50“ festgelegt, in dem die Geschwindigkeit nicht verringert werden soll, um die Hauptströme des nächtlichen Personen-, Wirtschafts- und Entsorgungsverkehrs nicht zu bremsen.

Geprüft wurde auch, ob Autofahrer bei Tempo 30 in benachbarte Straßen ausweichen könnten. Wo dies möglich erschien, verzichteten die Planer ebenfalls darauf, Tempo 30 anzuordnen.

Ziel war es dann, aus kurzen aufeinanderfolgenden Abschnitten mit Tempolimit zusammenhängende Abschnitte zu bilden. Sehr kurze Einzelabschnitte für die Begrenzungen soll es nicht geben.

Andere Möglichkeiten, den Krach des Autoverkehrs zu verringern, sind zwar vorhanden, werden aber nur zögernd umgesetzt. Viele Autos seien heute noch so laut wie vor 25 Jahren, kritisiert das Umweltbundesamt; vor allem Reifen machten kaum weniger Lärm auf den Fahrbahnen. Teurer „Flüsterasphalt“ schafft nach Ansicht von Verkehrsplaner Friedemann Kunst von der Stadtentwicklungsverwaltung da keine Abhilfe, weil erst bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h das Rollgeräusch lauter sei als der Motor.

Und für ein anderes probates Mittel fehlt das Geld. So gibt es weiter Hauptstraßen mit lärmverursachenden Schlaglöchern oder sogar mit Kopfsteinpflaster.

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