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Hausboot auf dem Rummelsburger See.

© Kitty Kleist-Heinrich

Exklusiv

Langzeitstudie zum Rummelsburger See: Was gefährlich ist – und was nicht

Die Senatsverwaltung hat die Wasserqualität des Rummelsburger Sees untersuchen lassen. Die Studie liegt dem Tagesspiegel vorab vor.

Lange wurde die Wasserqualität des Rummelsburger Sees untersucht. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hatte einen Teilbereich des Gewässers abgesperrt, Bodenproben entnommen und in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Berlin sowie dem Fraunhofer Institut für Molekularbiologie die Auswirkungen der Schadstoffbelastung des Sees auf Luftqualität und Umwelt untersucht. Das Ergebnis will der Senat am Freitag verkünden. Dem Tagesspiegel liegt es bereits vor: Demnach ist der Aufenthalt auf dem See und am See gesundheitlich unbedenklich. Abgeraten wird jedoch vom Verzehr von dort geangeltem Fisch.

Jahrelang sind Industrieabfälle in den See geflossen. Auch heute noch gelangen durch den Ruschegraben Abwässer hinein. Trotzdem haben sich mit der Zeit zahlreiche Hausboote angesammelt, der Bereich um den See an der Grenze der Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg wurde mit Wohnungen und Gewerbe bebaut. Der Seegrund weist eine starke Belastung mit Schadstoffen wie Schwermetallen, Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) auf.

Der Aufenthalt, das Wohnen oder Freizeitaktivitäten am oder auf dem See (z.B. Segeln) sind laut Senatsverwaltung nach Bewertung der Ergebnisse gesundheitlich unbedenklich. Es bestünden keine gesundheitlichen Gefahren beim Hereinfallen in das Wasser oder durch das Verschlucken geringer Mengen von Wasser, ein Hautkontakt ist unkritisch. Die Geruchsbelästigung, die zeitweise von dem See ausgeht, wird nicht als gesundheitsschädigend im Sinne einer toxischen Wirkung eingeschätzt. Unstrittig sei, dass diese als subjektiv empfundene Belästigung wahrgenommen werden kann.

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Mit den Ergebnissen der Analyse würden die Anwohner und Freizeitsportler Klarheit darüber erhalten, dass der Aufenthalt am und auf dem See kein Gesundheitsrisiko darstelle, sagt Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne). Das sei eine gute Nachricht für alle, die dort wohnen, flanieren oder mit dem Boot unterwegs sind.

Baden im See verboten

Abgeraten wird vom Fischverzehr und vom Baden. Besonders in fettreichen Fischen wie Aal können sich gesundheitsschädliche Substanzen anreichern. Das Baden ist, ebenso wie in der Spree, ohnehin untersagt. Drei kleine Schilder am Rummelsburger See weisen darauf hin. Aber hier sei es nicht nur aus Sicherheits- sondern auch aus gesundheitlichen Gründen nicht empfehlenswert. Zudem sollten die ufernahen Bereiche des Sees nicht betreten oder der Seegrund berührt werden. Dadurch könnten die belasteten Seesedimente aufgewirbelt werden. Dies könnte auch durch Anker geschehen.

Die Senatsverwaltung fordert ohnehin ein Ankerverbot für den See und liegt in einem Rechtsstreit mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Dieses hat ein Ankerverbot abgelehnt – da der See dem Bund gehört, ist dies zunächst bindend. Die Uferflächen jedoch gehören den Bezirken. Und diese haben bereits ein Anlegeverbot für bestimmte Teile der Ufer beschlossen. An der Friedrichshainer Seite wurden bereits dementsprechende Schilder aufgestellt.

11 Millionen Euro für die Seesanierung

Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin hatte 2017 auch vor dem "dauerhaften Aufenthalt" auf dem Wasser gewarnt, da ein "erhebliches gesundheitliches Risiko nicht auszuschließen" sei. Die Studie des Senats wiederspricht dem nun. In der Analyse des Fraunhofer Instituts, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es abschließend: "Zusammenfassend ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand davon auszugehen, dass die Sedimentbelastung des Rummelsburger Sees gegenüber der urbanen Hintergrundbelastung zu keiner zusätzlichen Gesundheitsgefährdung für Anwohner und Nutzer des Sees führt."

Für den Doppelhaushalt 2020/2021 sind für die Sanierung des besonders belasteten Westufers Sanierungsmittel in Höhe von 10,5 Millionen Euro vorgesehen, in verschiedenen Jahresraten. 2020 zunächst eine halbe Million Euro. Die Gesamtsanierungskosten allein für das Westufer wurden von der Senatsverwaltung für Umwelt im Februar auf 45 Millionen Euro geschätzt. Das sind nur knapp sieben Prozent des Sees. Eine Sanierung des gesamten Sees ist derzeit nicht geplant. „Sie würde, hochgerechnet, mutmaßlich dreistellige Millionensummen kosten“, so Jan Thomsen, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Umwelt.

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