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Martin Seißler (links) leitet die Firma Velogista, die elektrische Lastenräder durch die Stadt schickt, mit denen man bis zu 250 Kilo Gewicht transportieren kann.

© Thilo Rückeis

Lastenräder im Paketdienst: Velogista aus Kreuzberg zeigt, wie es geht

Der Senat will mehr Lieferverkehr per Lastenrad. Firmengründer Martin Seißler sieht da noch viel Potenzial - ein Interview.

Die Firma Velogista macht seit drei Jahren genau das, was sich Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) im Tagesspiegel-Interview gewünscht hat: die Auslieferung von Paketen mit dem Lastenfahrrad auf der „letzten Meile“ bis zum Kunden. Velogista-Chef Martin Seißler hofft jetzt auf politischen Rückenwind.

Herr Seißler, ist die Idee von Herrn Kirchner realistisch?
Bis zu 50 Prozent der Waren, die in der Stadt ausgeliefert werden, sind so leicht und klein, dass sie mit Lastenfahrrädern transportiert werden können. Deshalb haben wir ja 2014 unser Unternehmen gegründet. Bislang betreiben wir zwei Hubs, also Zwischenlager, in Kreuzberg und Charlottenburg. Von dort werden die Waren mit acht Fahrrädern ausgeliefert. Dieses Jahr wollen wir die Zahl der Hubs und Räder verdoppeln, damit wir den gesamten Bereich innerhalb des S-Bahn-Rings beliefern können.

Ziehen denn die Auftraggeber da mit?
Ich darf noch keine Namen nennen, aber wir verhandeln mit großen Unternehmen, für die wir einige zehntausend Sendungen ausliefern wollen. Letztes Jahr war DB Schenker mit 2000 Sendungen der größte Auftraggeber. Bislang dürfen wir die Lastenräder nur bis maximal 250 Kilo beladen, aber die Hersteller entwickeln gerade Räder für größere Lasten.

Das geht dann aber auf die Knochen der Radfahrer, oder?
Die Räder haben alle Elektroantrieb. Dieses Logistik-System kommt genau jetzt zur rechten Zeit. Es gibt leistungsstarke Elektromotoren, innovative Radhersteller und die richtigen Smartphone-Apps für die korrekte Abwicklung der Lieferung beim Kunden. Vor zehn Jahren wäre das noch nicht möglich gewesen.

Was ist mit den Außenbezirken. Machen Räder auch da Sinn?
In Pankow oder Steglitz könnten wir noch über die Umweltzone hinausgehen, auch in Neukölln, aber nur einige Kilometer. Weiter draußen machen dann eher Elektroautos Sinn. Aber wir konzentrieren uns erstmal auf die Innenstadt.

Wie werden denn die so genannten Hubs beliefert?
Leider noch konventionell, mit normalen 7,5-Tonnern oder größeren Lkw. Die Entwicklung von Elektro-Lkw ist eben noch nicht so weit.

Ist Berlin denn Vorreiter bei diesem klimafreundlichen Liefersystem?
Keineswegs. In Hamburg und Stuttgart gibt es ähnliche Anbieter wie Velogista. In Belgien liefert Bubble Post schon in 16 Städten aus.

Ist der Betrieb inzwischen profitabel?
Bislang noch nicht, aber wir nähern uns der Gewinnzone. Unsere drei Gesellschafter sehen das bislang entspannt. Durch den politischen Wechsel in Berlin hoffen wir jetzt auf mehr Rückenwind.

DHL will auch einen Pilotversuch mit Lastenfahrrädern starten. Fürchten Sie das?
Ich finde gut, dass sie anfangen, das ernsthaft zu testen. Leider wollen die großen Lieferdienste ausschließlich unter der eigenen Marke unterwegs sein. Viele Kunden werden parallel von verschiedenen Unternehmen wie DHL oder GLS angefahren. Das produziert viel Verkehr. Genau den wollen wir ja vermeiden.

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