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Berlin: Laubenpieper: Der Feind hinter der Hecke

Berlins Kleingärtner spüren Ungemach, das jenseits ihrer Thujen-Hecken droht, sehr schnell. Wenn es um das Wohl ihrer Schollen geht, kennen die rund 250 000 Gartenfreunde keine Parteiräson.

Von Sabine Beikler

Berlins Kleingärtner spüren Ungemach, das jenseits ihrer Thujen-Hecken droht, sehr schnell. Wenn es um das Wohl ihrer Schollen geht, kennen die rund 250 000 Gartenfreunde keine Parteiräson. Auch im Abgeordnetenhaus sitzen 28 Laubenpieper versteckt in allen Fraktionsreihen. Und deshalb sind Angriffe auf die Integrität des Kleingärtners auch rasch auszumachen.

Erstaunlich ruhig verhielten sich allerdings die Fraktionen, als es in der vergangenen Hauptausschusssitzung um eine mögliche Erhöhung der 16 Pfennige pro Quadratmeter für die Straßenreinigung ging, also um die jährliche Gebühr für jeden Pächter landeseigener Kleingartenflächen. Nur Grünen-Haushaltsexperte Burkhard Müller-Schoenau wies auf das Grundproblem hin: Die Höhe der Straßenreinigungskosten ist nämlich pauschal zwischen dem Rat der Bürgermeister und dem Landesverband der Gartenfreunde vereinbart. Zurzeit ruhen die Verhandlungen über die Gebühren für die Nebenkosten. Der Hintergrund: Von der Gebührenhöhe unabhängig zahlt jeder Pächter landeseigener Flächen einen jährlichen Pachtzins, der in Berlin 70 Pfennige pro Quadratmeter beträgt. Die Pachtzinshöhe wird laut Bundeskleingartengesetz von 1994 per Landes-Gutachten festgelegt. In Berlin ist zurzeit ein Gerichtsverfahren gegen die geltende Pacht anhängig. So lange die Grundsatzentscheidung darüber fehlt, wurden die Verhandlungen über die Höhe der Nebenkosten ausgesetzt.

Müller-Schoenau schlug vor, ungeachtet der Pachthöhe die Nebenkosten für die Kleingärtner individuell zu regeln. Diesen Vorschlag quittierte Gartenfreund Ralf Wieland von der SPD-Fraktion mit der Bemerkung, er werde sicher bald von Herrn Hurt eingeladen. Jürgen Hurt ist Präsident von 78 000 Berliner Pächtern im Landesverband der Gartenfreunde. Eine Erhöhung der Straßenreinigungskosten lehnt er kategorisch ab. Man habe nicht umsonst einen Pauschalbetrag vereinbart. Er spricht von "Entsolidarisierung der Kleingärtner": Ein Gartenfreund aus Wilmersdorf würde dann möglicherweise das Dreifache mehr dafür bezahlen als ein Hobbygärtner aus Kaulsdorf. Hurt sagte, dass die Gebührenmarge ursprünglich bei 32 Pfennigen pro Quadratmeter lag. Da die meisten Kleingärtner ihre Parzelle nur halbjährlich nutzten, habe man die Summe "einvernehmlich" halbiert. "Finanzsenator Kurth soll erstmal die Gebühren, die angeblich ausstehen, nachweisen." Jürgen Hurt kann die Forderung nicht nachvollziehen: Kleingärten hätten eine ökologische Funktion. "Außerdem stehen die Anlagen für alle offen. Die Wege werden von uns auch für Spaziergänger und Jogger gepflegt."

Die Berliner Laubenpieper können sich neuerdings auf einen einflussreichen Gartenfreund verlassen: Bei einem Besuch in der Weddinger Kleingartenkolonie "Togo" zeigte Bundeskanzler Schröder große Sympathie für die Welt der kleinen Gärten.

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