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Mobil auf Rädern. Diplom-Rehabilitationspädagogin Nadine Dittman sucht seit drei Jahren einen Job. Foto: Uwe Steinert

© uwe steinert

Lebenshilfe: Auf der Spur bleiben

Der Verein Life hilft behinderten Frauen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Der Einstieg oder die Rückkehr ins Berufleben sind oft nicht einfach.

Dass die ihr etwas beibringen könnten, was sie nicht kann, hätte Nadine Dittman nicht gedacht. „Ich bin Diplom-Rehabilitationspädagogin und habe geglaubt, dass ich selbst in der Lage bin, mich so zu verkaufen, dass ich einen Arbeitsplatz finde“, sagt die 33-Jährige. Doch es ist nicht einfach. Zum einen, weil auf dem Arbeitsmarkt die Nachfrage nach Rehabilitationspädagogen nicht groß ist, zum anderen, weil Dittmann im Rollstuhl sitzt.

Dittmann hat eine spastische Lähmung in den Beinen. Ein Geburtsschaden, der durch einen Sauerstoffmangel ausgelöst wurde. Auch die Feinmotorik ihrer Hände ist eingeschränkt. Auf den Qualifizierungskurs „Mit Kraft und Perspektive“ des Berliner Bildungsträgers „Life e.V“. hat Dittmann sich eingelassen, weil sie nach dem Studium keinen Job gefunden hat. Das Projekt zielt auf die berufliche Reintegration von Frauen mit körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung ab. Vorausgesetzt werden eine Ausbildung, ein Studium oder Berufserfahrung.

„Nach einem biografischen Bruch, wie einem Unfall oder einer schweren Erkrankung, ist es besonders wichtig, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken“, sagt Bettina Unger, Projektmitarbeiterin bei Life. Sie selbst sitzt wegen einer Multiplen Sklerose im Rollstuhl und habe ebenfalls ihre Zeit gebraucht, um sich damit zu arrangieren. „Heute sage ich: Ich bin nicht meine Beine. Und es ist nicht nur Glück, einen Job zu finden, sondern hat auch viel damit zu tun, dass du herausfindest, was du jetzt willst und kannst.“ An diesem Punkt setze die Maßnahme an – auch, weil Frauen mit einer Behinderung auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen als Männer in der gleichen Situation hätten.

Unger sagt, dass die Frauen oft mit wenig Selbstvertrauen in den Kurs kämen und ihnen nicht selten der Glaube daran fehle, eine Stelle zu finden. Bestandteile des zehnmonatigen Programms seien deshalb die Ermittlung von Kompetenzen, eine berufsbezogene Beratung, eLearning und ein betriebliches Praktikum.

Noch bestreitet Dittmann ihr Leben mithilfe von Arbeitslosengeld II, Pflegegeld und der Unterstützung ihrer Eltern. Ihr Alltag: drei Mal die Woche Sport, Krafttraining, Krankengymnastik und Rollstuhltanz. „Das hilft mir, besser im Alltag klarzukommen, beispielsweise eine schwere Tür zu öffnen.“

Seit gut drei Jahren ist die Berlinerin auf der Suche nach einem Job. Im Studium sei ihr immer wieder prophezeit worden, dass der besondere Kündigungsschutz die Einstellung von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt blockiere. Auch deswegen habe sie nach dem Studium das niederschmetternde Gefühl gehabt, dass ihr Lebenslauf nichts bringe. Nach der Qualifizierungsmaßnahme von Life und einem Praktikum bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen wisse sie aber jetzt, dass sie es schaffen werde, eine Arbeit zu finden. „Ich habe ein neues Selbstbewusstsein. Jetzt wünsche ich mir, einen Arbeitgeber zu finden, der mir die Tür zum Arbeitsmarkt öffnet und mutig ist, einmal andere Wege zu gehen.“

„Ich bin 1,40 Meter groß, aber voller Wissen und Können“, schreibt Ilona Mammitzsch inzwischen in ihre Bewerbung. Sie weiß, dass viele Menschen aufgrund ihrer Kleinwüchsigkeit davon ausgingen, dass sie nicht leistungsfähig sei. Zweimal musste die Verlagskauffrau wegen einer Luftröhrenverengung längere Zeit im Krankenhaus verbringen. Brüche, die ihr eine kontinuierliche Arbeit erschwerten. „Jetzt bin ich gesund, weiß aber auch, wo meine Grenzen sind.“ Sie wisse heute mit ihrer Geschichte umzugehen. „Vorher habe ich mich einfach nur als zu klein gesehen und versucht, jedem zu beweisen, dass ich etwas kann.“

Christiane Siegel hat den Wiedereinstieg ins Berufsleben bereits geschafft. Die ehemalige Krankenschwester und Diplom-Soziologin arbeitet jetzt 20 Stunden wöchentlich im sozialen Bereich. Nach einer Blutvergiftung vor sechs Jahren war die heute 42-Jährige arbeitsunfähig, später langzeitdepressiv geworden. „Ich wusste, dass ich den beruflichen Einstieg jetzt wagen muss, aber ich hätte es alleine nicht geschafft. Für mich war wichtig, dass da jemand ist, der dranbleibt und darauf achtet, dass ich auf der Spur bleibe.“

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