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An einer geöffneten Tür steht "Schulleitung", im Raum ist eine Frau zu sehen, die sich an einen Tisch setzen will.

© Arne Dedert/dpa

Lehrkräftemangel und mangelnde Digitalisierung: Schulleitungen verzweifeln an Corona

Sie gehen weniger gern zur Arbeit und fühlen sich alleingelassen: Eine Umfrage unter Schulleitungen zeigt Belastungen durch Corona. Hybridunterricht? Unmöglich.

Die Zufriedenheit und die Motivation der Schulleiter und Schulleiterinnen in Deutschland sinkt mit der Dauer der Corona-Pandemie. Übten 2019 noch 58 Prozent der Schulleitungen ihren Beruf sehr gerne aus, sind es aktuell nur noch 24 Prozent. Das größte Problem an ihren Schulen sehen 42 Prozent in der fehlenden Digitalisierung an ihrer Schule.

Diese Ergebnisse einer Forsa-Befragung von 785 Leiter*innen allgemeinbildender Schulen stellte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Freitag anlässlich des Deutschen Schulleiterkongresses vor. Der Kongress findet digital statt, bundesweit nehmen am Freitag und am Sonnabend 1700 Schulleitungen teil, hieß es am Freitag.

Der Anteil an hochqualifizierten und engagierten Lehrkräften, die an der Spitze von Kollegien stehen, aber nur noch ungern zur Arbeit gehen, ist seit 2019 von vier auf 27 Prozent gestiegen. Der Anteil derer, die ihre Aufgaben häufig zu ihrer eigenen Zufriedenheit erfüllen, sank von 73 auf 60 Prozent.

Zwei Drittel sind enttäuscht von der Schulaufsicht

Und jede dritte Schulleitung gibt zu, nur noch selten mit ihrer Leistung zufrieden zu sein (2019: 17 Prozent). Die schlechte Stimmung unter Schulleiterinnen und Schulleitern führt der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann darauf zurück, dass generell immer mehr Aufgaben auf diese Gruppe zukämen und sie wegen des Lehrkräftemangels weniger entlastet würden als früher.

Die Coronakrise demotiviere den Berufsstand nun zusätzlich. "Das ist ein Armutszeugnis für all diejenigen, die dafür zuständig wären, Schulleitungen zu unterstützen und nur so viele Aufgaben an sie zu geben, wie auch bewältigt werden kann", sagte Beckmann.

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Besonders vernachlässigt sehen sich die Rektor*innen von der Schulaufsicht: Fühlte sich bei einer VBE-Umfrage Anfang 2020 noch gut die Hälfte von den Kultusbehörden gut unterstützt, ist es jetzt nur noch ein Drittel. Alleingelassen fühlen sich viele aber auch von den Eltern sowie von den Schülern und Schülerinnen.

Frauen, die Schutzmasken tragen, stehen hinter einem Tisch, auf dem Säcke mit Schutzmasken liegen.
Gekümmert. In Bautzen haben Mitarbeiterinnen des Landesamts für Schule und Bildung verteilen Schutzmasken und Desinfektionsmittel verteilt.

© Sebastian Kahnert/dpa

"Fehlende Einsicht der Eltern" in die Ausnahmesituation der Pandemie nennen immerhin 13 Prozent der Schulleitungen als eines der größten Probleme in Zeiten von Corona. Nach der fehlenden Digitalisierung (42 Prozent) stehen aber das fehlende Personal (31 Prozent) und die Einhaltung der Abstandsregeln sowie die beengte Raumsituation (25 Prozent) ganz oben bei den Stressfaktoren für die Schulleitungen.

[Lesen Sie hier unsere Zusammenfassung der Coronalage für die Schulen: So könnte es weitergehen]

Inwiefern sich die Schulen in der Lage fühlen, den Unterricht in Hotspots ab einem Inzidenzwert von 200 auf den Wechselunterricht zwischen Präsenz und Fernunterricht umzustellen, wurde nicht gefragt. Und das, obwohl der VBE gemeinsam mit der GEW den Schulministerien wiederholt vorgeworfen hat, eine viel weitgehendere Forderung des Robert-Koch-Instituts zu ignorieren: Danach sollten bereits in Landkreisen ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern geprüft werden, Lerngruppen zu teilen und Hybridunterricht zu erteilen.

Minderheit sieht Lehrkräfte gut vorbereitet

Die VBE-Umfrage zeige allerdings, dass eine solche Aufteilung in den allermeisten Schulen technisch unmöglich wäre, sagt Beckmann. Zwar geben 61 Prozent der Schulleitungen an, dass ihre Schule Geld aus dem Digitalpakt erhält (vor der Coronakrise: 33 Prozent), 49 Prozent haben einen Anschluss ans Breitbandnetz und 40 Prozent W-Lan in jedem Klassen- und Fachraum (jeweils plus sieben Prozentpunkte).

Doch nur 15 Prozent der Schulleiter*innen sehen ihre Lehrkräfte "durch staatliche Fortbildungen auf den Einsatz digitaler Medien im Unterricht hinreichend vorbereitet". Nur 13 Prozent sagen, Lehrerinnen und Lehrer hätten Zugang zu einem digitalen Dienstgerät. Und nur sechs Prozent erklären, dass jede Schülerin und jeder Schüler über ein eigenes digitales Endgerät verfügt.

"Wir können nicht davon sprechen, dass die Schulen seit der ersten Phase der Schulschließungen einen Digitalschub erlebt haben", sagt Udo Beckmann. "Davon sind wir weit entfernt." Der VBE-Vorsitzende geht davon aus, dass die für den Hybridunterricht notwendige digitale Ausstattung flächendeckend erst Ende 2021 zur Verfügung stehen wird. Und das dürfte noch eine optimistische Einschätzung sein.

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