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Berlin: Lernen statt beten

Am evangelischen Feiertag blieben nur wenige Kinder dem Unterricht fern

Trotz des Buß- und Bettages standen die wenigsten Lehrer vor halbleeren Klassen. Zum zweiten Mal waren gestern evangelische Schüler vom Unterricht befreit – viele kamen trotzdem. Auch ein Chaos wie im letzten Jahr blieb aus. Der Senat hatte den protestantischen Feiertag im November vergangenen Jahres auf Wunsch der evangelischen Kirche für unterrichtsfrei erklärt. Da der Buß- und Bettag damals bereits kurz nach Einführung der neuen Vorschrift war, klagten Schulen damals über Chaos mit den Lehrplänen.

Obwohl sie hätten frei nehmen können, erschienen viele evangelische Schüler zum Unterricht. Im Paulsen-Gymnasium in Steglitz oder in der Grundschule Lietzensee in Charlottenburg fehlten nur wenige Schüler. Auch in der Sartre-Oberschule in Hellersdorf hieß es „Alle da!“. Das Schadow-Gymnasium in Zehlendorf hat ebenfalls keine besonders großen Fehlzahlen zu beklagen. „Wir gehen ohnehin recht unaufgeregt mit dem Buß- und Bettag um,“ sagt Schulleiter Harald Mier. „Dieses Jahr konnten wir uns ja auch darauf vorbereiten und unsere Lehrpläne auf den Tag abstimmen.“ Leerer war es hingegen am Dienstag in Schulen mit vielen Schülern muslimischen Glaubens. Wegen des islamischen Opferfestes blieben viele Stühle wie in der Kurt-Schuhmacher-Grundschule in Kreuzberg oder Heinrich-Heine-Schule in Neukölln leer.

Viele Grundschulen nutzten den Feiertag jedoch für einen Kirchengang, die Schülermesse im Dom war unerwartet gut besucht. „Das war der Hammer“, jubelt Dom-Pfarrer Alexander Höner. „Der Gottesdienst wurde sehr gut angenommen, obwohl nur 60 angemeldet waren, kamen rund 200 Grundschüler.“ Für das nächste Jahr erwartet Höner sogar noch mehr. „Der Senat hat gesagt, wenn wir den Schülern frei geben, müssen die Kirchen auch etwas anbieten. Das haben wir ernst genommen.“

Der Buß- und Bettag hat sich anscheinend noch nicht vollständig als unterrichtsfreier Tag etabliert. Einige Schulen, wie die Eckener-Oberschule in Mariendorf oder die Georg Werth Oberschule in Friedrichshain verlangen jedoch auch eine elterliche Abmeldung von den Schülern, teilweise lange im Vorfeld. Ansonsten wird ein Fehltag eingetragen. Die Regelung des Senats sieht das jedoch nicht vor: Evangelische Schüler seien auch ohne Abmeldung vom Unterricht befreit, hieß es aus der Bildungsverwaltung. Wahrscheinlich war es eher die Angst vor einem Fehltag als Unterrichtseifer, weswegen viele Schüler trotz frei zum Unterricht erschienen.Sebastian Scholz

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