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© ullstein - ADN - Bildarchiv

Leserdiskussion: Tierparkdirektor mit heikler Vergangenheit

Heinrich Dathe hat ein großes Lebenswerk vorzuweisen. Aber er war auch in der NSDAP. Darf eine Schule seinen Namen tragen? Diskutieren Sie mit.

Von Sandra Dassler

Er war Berlins legendärer Tierparkgründer und trotz der Mauer auch vielen Menschen im Westteil der Stadt bekannt: Professor Heinrich Dathe. Nach ihm ist nicht nur ein Platz in Lichtenberg, sondern auch ein Gymnasium in Friedrichshain benannt – das beschäftigt die Öffentlichkeit.

„Dathe war NSDAP-Mitglied – und zwar aus Überzeugung“, sagte der Historiker Olaf Kappelt dem Tagesspiegel: „Es wird höchste Zeit, dass die Schule einen anderen Namen bekommt. Ich begrüße deshalb den Plan der Friedrichshainer Schulstadträtin Monika Herrmann, das Gymnasium umzubenennen, sehr.“

Kappelt hat Anfang der 80er Jahre ein Buch über Nazis in der DDR herausgebracht, vor kurzem erschien eine Neuauflage. Der Historiker war bereits gegen die Benennung eines Heinrich-Dathe-Platzes im Jahr 2005 gewesen – allerdings ohne Erfolg. Der Grund dafür liegt für den Vorsitzenden der Fördergemeinschaft von Tierpark Berlin und Zoo Berlin e.V., Thomas Ziolko, auf der Hand: „Heinrich Dathe hat im Gegensatz zu anderen nie verschwiegen, dass er in der NSDAP war. Die Lichtenberger Behörden haben vor der Namensgebung des Platzes genau geprüft, ob sich Dathe über die Mitgliedschaft hinaus etwas hat zuschulden kommen lassen. Das war nicht der Fall. Alle Parteien der Stadtverordnetenversammlung haben in Kenntnis der Fakten der Ehrung zugestimmt.“ Weiter der Fördervereinssprecher: „Kappelts erneute Präsentation mit dieser langjährigen Erkenntnis soll wohl nur die Verkaufszahlen (…) seines Buches erhöhen. Dafür nimmt er die Beschädigung des Ansehens des langjährigen Tierpark-Direktors mit in Kauf.“

Die Friedrichshainer Stadträtin Monika Herrmann relativierte ihr angebliches Vorhaben, das Gymnasium umzubenennen. „Als Herr Kappelt mir von der NSDAP-Mitgliedschaft Heinrich Dathes erzählte, war ich natürlich erschrocken“, sagte Grüne: „Ich habe deshalb sozusagen aus dem Bauch heraus der Schule einen Brief geschrieben und um eine Diskussion darüber gebeten, ob man den Namen behalten sollte. Schließlich kämpfen wir gerade in Friedrichshain gegen neonazistische Aktivitäten, haben hier die meisten Übergriffe durch Rechte in ganz Berlin.“

Der Sohn Heinrich Dathes würde sich für eine solche Diskussion sofort zur Verfügung stellen. „Mein Vater hat uns erzählt, dass er aus Patriotismus in die NSDAP ging und als kleiner Blockwart Mitgliedsbeiträge kassierte“, sagt Falk Dathe. „ Er hat das als Dummheit und Fehler bezeichnet, für den er nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft auch gebüßt hat. Er hat daraus gelernt, ist aus diesem Grund in der DDR nicht in die SED oder eine Blockpartei eingetreten.“

Darüber kann Olaf Kappelt nur lachen: „Dafür war Dathe mit Stasi-Chef Erich Mielke befreundet, war sogar mit auf Staatsjagd“, sagt er. Falk Dathe dementiert: „Das soll Herr Kappelt beweisen. Es gab keine Freundschaft zu Mielke, und mein Vater hat nie Tiere gejagt.“

Im Dathe-Gymnasium war niemand zu erreichen. Aus der Senatsbildungsverwaltung hieß es, Schulaufsicht und Schulleiterin seien sich einig, dass man über die Namensgebung neu diskutieren müsse. Lutz Vogler, der die Schule 1996 leitete, als sie wegen der Spezialisierung auf Biologie den Namen des 1991 verstorbenen Tierparkchefs erhielt, meint: „NSDAP- Mitgliedschaft allein kann doch kein Grund sein, jemanden für ein großes Lebenswerk nicht zu ehren“. Darüber gingen die Ansichten schon bei der Diskussion um die Benennung des Heinrich- Dathe-Platzes im Jahr 2005 auseinander.

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