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Berlin: "Liberty Bell": "Wiedergeburt der Freiheit"

Die Freiheitsglocke, Symbol der Unbeugsamkeit West-Berlins während des Kalten Krieges, wird heute 50 Jahre alt. Es jährt sich der Tag, an dem das über zehn Tonnen schwere Gusswerk aus Kupfer und Zinn im Rathausturm das erste Mal geschlagen wurde.

Die Freiheitsglocke, Symbol der Unbeugsamkeit West-Berlins während des Kalten Krieges, wird heute 50 Jahre alt. Es jährt sich der Tag, an dem das über zehn Tonnen schwere Gusswerk aus Kupfer und Zinn im Rathausturm das erste Mal geschlagen wurde. "Ein großartiges Zeichen der Solidarität" der US-Bürger mit den Berlinern, nennt Christopher Braun vom Presse- und Informationsamt des Senats das Geschenk.

Ihm zu Ehren gibt es im Rathaus Schöneberg heute Nachmittag einen Festakt mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) und dem US-Botschafter John C. Kornblum. Am Abend wird der Rathausturm mit einer Lichtinstallation angestrahlt und eine Ausstellung zur Glocke eröffnet. Am Freitagabend kann jedermann auf einem Ball im Rathaus feiern. Anfang nächsten Jahres soll die Glocke mit großem Aufwand repariert werden. Seit August wird sie wegen eines Risses nicht mehr geläutet.

Die Glocke wurde mit einer Spendenaktion vom amerikanischen Volk finanziert, einem "Kreuzzug für die Freiheit", deren Hintergründe die Historiker Veronika Liebau (Schöneberg-Museum) und Andreas W. Daum (Deutsches Historisches Institut, Washington) in ihrem neuen Buch beschreiben.

Die Geschichte der Freiheitsglocke sei vor dem Hintergrund der Blockade und der Etablierung der kommunistischen Staaten in Osteuropa zu sehen, im Einklang mit der Linie des damaligen US-Präsidenten Harry S. Truman, der der sowjetischen Propaganda eine "Kampagne der Wahrheit" entgegensetzen wollte. Ins Leben gerufen wurde die Spendenaktion vom "Nationalkomitee für ein freies Europa" in den USA. Sie habe ursprünglich bezweckt, Geld für die Radiostation Radio Free Europe zu sammeln, die ab Juli 1950 von München aus demokratische Programme Richtung Osteuropa sendete. Die Freiheitsglocke habe als Wahrzeichen der Sammelaktion gedient, schreiben Liebau und Daum. Dass viele Initiatoren des "Nationalkomitees" dem US-Geheimdienst OSS angehört hatten, blieb lange geheim.

Unter Leitung des Luftbrücken-Organisators Lucius D. Clay wurden verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Institute für die Aktion gewonnen. Sie ließen die Glocke im August 1950 in der englischen Gießfirma Gillet und Johnston gießen. Als Vorbild diente die Liberty Bell aus Philadelphia. Die Berliner Glocke trägt die Aufschrift: "That this world under God shall have a new birth of freedom". Sie wurde in die USA verschifft und im "Kreuzzug für die Freiheit" per Lkw durch die USA gefahren. 16 Millionen Amerikaner spendeten.

Am 20. Oktober 1950 traf die Freiheitsglocke in Bremerhaven ein. Wenig später hievten Techniker das Geschenk in den Rathausturm in Schöneberg. Zum ersten Glockenschlag am 24. Oktober drängten zwischen 250 000 bis 450 000 Berliner aus Ost und West auf den Rathausvorplatz. Neben Lucius D. Clay waren auch Bundeskanzler Konrad Adenauer und Berlins Oberbürgermeister Ernst Reuter zugegen. Kurz nach 12 Uhr erklang der erste Glockenschlag.

Tobias Arbinger

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