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© Uwe Steinert

Lichtenberg: Der Familienfreundliche

Ein unterschätzter Bezirk ist plötzlich bei jungen Leuten angesagt: Lichtenberg. Die Häuser sind saniert, nun steigen auch die Mieten.

Scheinbar unendlich zieht sich die Landsberger Allee über die Bezirksgrenze Lichtenberg gen Osten. Unaufhörlich das Brausen des Autostroms, den links und rechts große Plattenbauten säumen. Abweisend und grau ist die Gegend jedoch nur von Weitem. Wer näher kommt, entdeckt ein anderes Panorama: die Fassaden bunt, die Freiflächen gepflegt. Schon hinter der ersten Hochhausreihe ist vom Verkehr nicht mehr viel zu hören.

Kathleen Thieleke lebt seit fünf Jahren hier, mit ihrem Mann und ihren drei und fünf Jahre alten Kindern, in einer großen Drei-Zimmer-Wohnung. „Die Miete ist günstig geblieben und wir fühlen uns wohl. Gerade auch, weil die Wege so kurz sind“, erzählt die 29-Jährige. „Klar wohnen viele alte Leute hier“, gibt sie zu. „Aber in frei werdende Wohnungen ziehen inzwischen meist junge Leute ein.“

Ein Trend, den Andreas Geisel, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, bestätigt. „Die Bevölkerung Lichtenbergs wird jünger. Besonders Leute um die Dreißig mit Kindern ziehen hierher.“ 29 Prozent der Lichtenberger Bevölkerung sind zwischen 25 und 45 Jahren alt. Besonders die Gegend hinter dem S-Bahn-Ring sei sehr beliebt, da sie nah am Bezirk Friedrichshain liegt, die Mieten aber noch niedrig sind. „Diese Entwicklung überrascht mich nicht“, meint Geisel. Lichtenberg wirbt schon seit langem für sich als familienfreundlicher Bezirk. Außerdem sind fast alle Häuser saniert. Darum sind die Wohnungen auch nicht mehr billig, die Netto-Kaltmiete liegt bei rund 5,50 Euro pro Quadratmeter. „Man muss das im Vergleich zu den anderen Stadtvierteln sehen“, sagt Geisel. Auch Angelika Reute, Pressesprecherin der Wohnungsbaugesellschaft Howoge, bestätigt den Zuzug junger Familien. 85 Prozent ihres Bestands sind Plattenbauten. „Trotzdem werden Sie bei uns das Klischee von der tristen Platte nicht finden.“ Die Wohnungen seien begehrt. Fast alle sind saniert, der Leerstand liegt unter zwei Prozent.

Die Howoge betreibt in der Nähe des U-Bahnhofs Magdalenen-Straße das größte Niedrigenergiehaus Deutschlands. Auf der Schulze-Boysen-Straße ragt das Doppelwohnhaus mit 18 beziehungsweise 21 Etagen in die Höhe. Die 24-jährige Katja ist gerade erst hierhergezogen und fühlt sich sehr wohl. „Es ist nicht billig, aber Friedrichshain war noch teurer, und nach Neukölln wollte ich auch nicht ziehen“, erzählt sie. Da sie an der Freien Universität in Dahlem studiert, ist sie jeden Morgen und Abend eine Stunde unterwegs. „Aber das ist o.k. Dafür ist die Wohnung cool und der Ausblick schön.“ Im Umkreis von ein paar hundert Metern wohnen gleich drei ihrer Kommilitonen. Auch Dominik Goß wohnt im Niedrigenergiehaus. Mit seiner Frau und zwei Kindern lebt er seit neun Jahren in Lichtenberg und möchte auch nicht weg. „Es ist gut gelegen, man ist schnell am Alex. Friedrichshain ist mir zu viel Schickimicki.“ Eine bezahlbare Wohnung hat Jana Guttzeit gesucht. Am liebsten wollte sie nach Friedrichshain, denn in ihrem alten Kiez in Neukölln fand sie es „zu laut, zu unsicher und für die Gegend zu teuer.“ Gefunden hat sie eine Bleibe in Friedrichsfelde. Hier stehen niedrige Plattenbauten, dazwischen sind viele Grünflächen angelegt. „Es ist total erholsam“, meint die 26-jährige Studentin. „Allerdings sind wir die absolut Jüngsten im Haus.“ Aber sie ist froh, in der Nähe ihrer Fachhochschule Alice Salomon in Hellersdorf zu wohnen. Auch viele ihrer Kommilitonen sind in die Gegend gezogen. Irgendwann nach dem Studium würde sie aber doch gern wieder zentraler wohnen wollen. „Allerdings“, schiebt sie nach, „wer weiß, ob das dann noch geht. Die Mieten werden ja nicht billiger.“

Jana Peters

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