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Berlin: Liebe im zweiten Anlauf

Das Paul-und-Paula-Ufer soll wiederbelebt werden

Nach Legenden steht den meisten Menschen heutzutage nicht mehr der Sinn, zumindest nicht in Lichtenberg. „Paul und Paula? Das soll der Name einer Uferstraße sein? Nie gehört.“ So reagieren Passanten und Taxifahrer, wenn man sie am S-Bahnhof Ostkreuz nach dem Weg zum Paul-und-Paula-Ufer fragt, das nach dem berühmten DDR-Film „Die Legende von Paul und Paula“ benannt wurde.

In der Tat liegt die Uferpromenade an der Rummelsburger Bucht etwas abseits, hinter Bäumen und Büschen versteckt. Wenigstens weist nun ein neues Straßenschild den Weg. Im Beisein von Peter Gotthardt, der für den Film die Musik komponierte, wurde es von Vertretern der Interessengemeinschaft Rummelsburger Bucht kürzlich feierlich enthüllt. Wieder einmal. Denn seitdem vor acht Jahren das erste aufgestellt wurde, ist es „immer wieder von Devotionalienjägern gemopst“ worden, sagt Ottfried Franke, Sprecher der Interessengemeinschaft. Insgesamt mehr als zehn Mal.

Die Folge: Irgendwann hatte die Interessengemeinschaft keine Lust mehr, die gut 500 Euro teuren Schilder zu erneuern. Der Platz, an dem auch eine „Liebesbank“ steht, die laut einem Emailleschild „allen Berliner Liebespaaren gewidmet“ ist, verkam zunehmend. Bis sich Horst Ziel der Sache annahm. Ziel ist Architekt und Bauunternehmer, an der Rummelsburger Bucht schuf seine Firma 550 Wohnungen und mehr als 3000 Quadratmeter Gewerbefläche. Nun will er die Gegend beleben, deshalb hat er einen Teil der Kosten für die Erneuerung des Straßenschilds und die Aufarbeitung der Parkbank finanziert. Auch eine mit Filmaufnahmen bebilderte Tafel weist nun auf den filmgeschichtsträchtigen Ort hin.

„Wir müssen das etwas abgeschnittene Gebiet aufwerten, damit die Gegend besser rüberkommt und öffentlich bekannter wird“, sagt Ziel. Das hätte auch positive Auswirkungen auf das nahe gelegene Wohngebiet. Die Anwohner würden dann bestimmt öfter auf der kleinen Holzbank verweilen wollen, um die Ruhe am Wasser zu genießen. Kristina Spoerl, Vertreterin der Interessengemeinschaft, ist es deshalb nur recht, dass der Verkehrslärm nicht unmittelbar an der Promenade vorbeidonnert. „Das hier soll ein verwunschenes Liebeseck sein und keine laute Straße.“ Ein Ort für Romantiker.

Filmkomponist Peter Gotthardt ist vielleicht kein Romantiker. Dennoch kommt er gerne an die Bucht mit dem Blick auf den großen alten Speicher auf der gegenüberliegenden Seite des Ufers. Im Mai 1973 drehte er hier mit den beiden Hauptdarstellern Angelica Domröse und Winfried Glatzeder, Gotthardt spielte die Rolle eines Geigers, bevor er den Film musikalisch untermalte. Wenn er heute am Wasser steht, sind die Erinnerungen an den Dreh wieder da. Zum Beispiel an die vielen Glassplitter, die auf dem Weg lagen und die Reifen zu zerschneiden drohten, weil sich in der Nähe eine Glasfabrik befand. Oder an seinen Bestechungsversuch von zwei Bauarbeitern, die ihn mit ihren Presslufthammerarbeiten bei den Proben für die Musikaufnahmen störten. 50 Mark bot er ihnen, damit sie für zwei Stunden zum Trinken in die Kneipe gehen. Für 75 haben sie es schließlich gemacht. Erst danach konnte er sich wieder auf die Arbeit mit der damals noch unbekannten Band konzentrieren – den Puhdys.

Auf mehr Bekanntheit des Paul-und- Paula-Ufers hoffen nun die Vertreter der Interessengemeinschaft, schließlich sei ihr Uferweg der einzige in Deutschland, der nach einem Film benannt wurde. Künftig, so Sprecher Ottfried Franke, soll die Umgebung begrünt werden, und auch über den Bau eines Denkmals könne man nachdenken. Zudem hat Franke einen Namensclub ins Leben gerufen, bei dem sich Eltern, deren Kinder Paul oder Paula heißen, melden können. Als eine der Ersten tat dies Familie Albrecht aus Pankow. Peter und Conny sahen den Defa-Klassiker erstmals als Frischverliebte. Nun heißt ihre drei Jahre alte Tochter Paula. Auch Peter Gotthardts Tochter heißt so, benannt habe er sie nach seiner Schwiegermutter. „Mit dem Film hat das nichts zu tun“, sagt der Komponist. Recht glauben kann man ihm das nicht.

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