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Berlin: Liebe, Langmut, Freundlichkeit: Pfingst-Gottesdienst für alle Sinne Mehr als 20 000 Besucher kamen zur Nacht der Offenen Kirche

Der Heilige Geist, das ist Liebe, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue und Selbstbeherrschung – so konnte der Kirchgänger gestern im Aushangkasten von Sankt Augustinus lesen. In der katholischen Pfarrkirche in Prenzlauer Berg fand am Pfingstmontag der ökumenische Abschlußgottesdienst der 3.

Der Heilige Geist, das ist Liebe, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue und Selbstbeherrschung – so konnte der Kirchgänger gestern im Aushangkasten von Sankt Augustinus lesen. In der katholischen Pfarrkirche in Prenzlauer Berg fand am Pfingstmontag der ökumenische Abschlußgottesdienst der 3. Nacht der Offenen Kirchen statt. An ihr hatten sich in Berlin und Brandenburg mehr als 140 christliche Gemeinden aller Konfessionen beteiligt. Wieviele diesmal Kirche „mit allen Sinnen erlebten“, konnte gestern Dietmar Lütz vom Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg vorerst nur schätzen - so um die 20 000 seien es mindestens.

Auch der zwischen Bornholmer Brücke und Schönhauser Allee gelegene rote Klinkerbau in der Dänenstraße, vor dessen Tür die S-Bahn donnert, hielt seine Pforte in der Nacht zu Montag geöffnet. Orgelmusik gab es in Sankt Augustinus, auch Führungen durch das 1927 im spätexpressionistischen Stil erbaute Gotteshaus, ein Gospelkonzert und Mitternachtskino. Und gestern vor dem Gottesdienst um 10 Uhr erst mal Ärger.

Vor dem Kircheneingang schrie sich ein junger Mann für „den wahren Jesus Christus“ und gegen die Kirche als Institution die Kehle heiser – vom Heiligen Geist mit Liebe und Freundlichkeit keine Spur. „Kiek ma, die Bullen“, machte sich auf einem Balkon des benachbarten Mietshauses ein splitterfasernacktes Pärchen begeistert auf den Auflauf vor der Kirche aufmerksam. Die dort etwas ratlos stehenden Gesetzeshüter hatten scheinbar schon mehr vom Heiligen Geist als der Störenfried abbekommen, Langmut und Selbstbeherrschung auf alle Fälle.

Dass der Geist, den Gott uns 50 Tage nach Ostern schickt, ein Geist von Kraft, Liebe und Besonnenheit ist, nicht von Verzagtheit, predigte dann der evangelische Bischof Wolfgang Huber. Gemeinsam mit dem katholischen Weihbischof Wolfgang Weider und Konrad Janiszewski von Sankt Augustinus leitete er gestern den ökumenischen Pfingstgottesdienst.

Die gerade vergangene „ Nacht der Offennen Kirchen“, in der Wolfgang Huber neben Kardinal Georg Sterzinsky, dem evangelisch-freikirchlichen Bischof Theodor Clemens und dem koptisch-orthodoxen Bischof Anbar Damian den „Pfingstweg der Berliner Bischöfe“ mitgegangen war, bezeichnete Huber als wichtigen Schritt zum bundesweiten ersten ökumenischen Kirchentag, der am 28. Mai 2003 in Berlin gefeiert wird. „Die Wahrheit hat ein fröhliches Gesicht“, gab er das Motto zum ökumenischen Aufbruch.

Dass laut einer Umfrage 21 Prozent im Westen Deutschlands und 50 Prozent im Osten nichts mit dem christlichen Fest Pfingsten anzufangen wissen, machte er auch öffentlich. Dass aber gar nur vier Prozent Berliner von der Geschichte wissen sollen, bei der zu Pfingsten der Heilige Geist auf die in Jerusalem versammelten Apostel herabgekommen ist – „daran glaube ich nicht“, bekannte Huber, wollte so schlecht von von seinen Schäflein doch nicht denken. „Der Heilige Geist fällt nicht einfach vom Himmel, manchmal hören wir nur vor eigenem Getöse sein Wehen nicht“, suchte er lieber eine Erklärung. Der Heilige Geist verbinde aber nicht nur im Glauben, er scheide auch die Geister. Wer hätte je gedacht, dass wir in Deutschland nochmals über Antisemitismus diskutieren?Der Bischof fand es unerträglich, dass jüdische Mitbewohner wieder Angst auf unseren Straßen hätten.

„Welcher Geist wird wehen, wenn Bush kommt?“ fragte Huber und hoffte, dass Frieden die nächsten Tage bestimmt. Vor der Kirche war dieser gestern eingezogen – die Polizei war weg und der junge Mann inzwischen friedlich.Heidemarie Mazuhn

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