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Berlin: Lieben und lieben lassen

Wie die Türkei in Berlin ihren Geburtstag feiert.

Es ging um einen bedeutenden runden Geburtstag in der Geschichte der Türkei – und um die Kunst. Botschafter Hüseyn Avni Karsioglu und seine Frau Gamze hatten am Dienstagabend zu einem großen Fest aus Anlass des 90. Jahrestages der Proklamation der Republik geladen.

Zur Feier dieses Tages ließen sich viele Gäste mit einer riesigen Atatürk-Büste im Eingangsbereich der Botschaft in der Tiergartenstraße fotografieren. Am 29. Oktober 1923 hatte Mustafa Kemal, der den Beinamen „Atatürk“ erst seit 1934 trägt, mit einer großen Verfassungsänderung die moderne laizistische Republik Türkei begründet, deren erster Präsident er wurde. Der Botschafter begann seine Rede mit einem Lob der neuen Verbindung zwischen Europa und der Türkei: „Wir sind näher aneinandergerückt“, lobte er den gerade eröffneten Tunnel als erste Unterwasser-Verbindung zwischen zwei Kontinenten. Es war auch ein Fest, bei dem die Probleme und Konflikte der politischen Welt draußen vor dem Zaun bleiben durften. Der Botschafter führte persönlich Christian Wulff durch die Ausstellung, in seiner Begrüßung hatte er ihn als Altbundespräsident besonders hervorgehoben. Auch US-Botschafter John Emerson und seine Frau Kimberly kamen zum Gratulieren. Politische Statements zur NSA-Affäre gaben sie nicht ab, aber Emerson, der als Quereinsteiger erst seit diesem Sommer Diplomat ist, machte keinen Hehl daraus, dass er gerade eine Feuertaufe erlebt: „Danach ist man dann wirklich ein Diplomat.“ Kimberly Emerson, die vor ihrer Ehe Öffentlichkeitsarbeit für die USA gemacht hatte, sagte: „Mir greift das wirklich ans Herz.“

Auch der Gastgeber blieb bei dem Fest unpolitisch. In seiner Rede widmete er sich vor allem dem Thema Kunst und ihrer Bedeutung, denn zu sehen waren 90 Werke von 90 verschiedenen Künstlern. Für ihn speist sich die türkische Kunst aus der Freiheit: „Kunst kann sich nur mit Empathie entfalten. Und Empathie entsteht nur dort, wo Freiheit herrscht“, sagte er. Der Ausstellung komme eine besondere Bedeutung zu, weil damit außerdem das 250-jährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei gewürdigt werden soll . Für Hayati Develi, den Vorsitzenden des nach dem Dichter Yunus Emre benannten Kulturinstituts der Türkei, ist die Ausstellung vor allem ein Symbol für den Wunsch, dem kulturellen Austausch mehr Wege zu ebnen. Sein Institut wolle eine Brückenfunktion übernehmen, sagte er. Den Dichter des 13. Jahrhunderts zitierte er mit den Worten: „Kommt, lasst uns Bekanntschaft schließen. Lasst die Dinge schlichter fließen. Lasst uns lieben und geliebt werden.“ Schöne, alte Welt. Elisabeth Binder

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