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Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Berliner Linken.

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Linken-Chef Klaus Lederer zur Berlin-Wahl: "SPD hat Gespür für die Realität verloren"

Vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus kritisiert der Berliner Linken-Chef Klaus Lederer ein „Versagen des Senats“. Die SPD warnt er vor einem „Weiter-so-Kurs“.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Landeschef der Linken, Klaus Lederer, wirft den Berliner Sozialdemokraten vor, das „Gespür für die Realität verloren“ zu haben. Mit seiner Ankündigung, nach der Wahl am 18. September als stärkste Partei allein mit den Grünen regieren zu wollen, lasse der SPD-Spitzenkandidat Michael Müller „jeden Anflug von Nachdenklichkeit und Selbstkritik“ vermissen, schreibt Lederer in einem Beitrag für den Tagesspiegel.

Immerhin trage die SPD, die seit 15 Jahren den Regierenden Bürgermeister stelle, für den Problemstau in Berlin nicht weniger Verantwortung als die CDU, so der Spitzenkandidat der Linken. Vor fünf Jahren hätten sich die Sozialdemokraten für eine Koalition mit der CDU entschieden und mit deren Parteichef Frank Henkel „den wohl unfähigsten Innensenator Berlins seit Jahrzehnten in den Sattel gehievt“. Das Versagen dieses Senats sei unübersehbar, das Ende dieser Regierung sei überfällig, meint Lederer.

Schon in der rot-roten Koalition, die 2011 zu Ende ging, habe die SPD ein Umsteuern in der Mietenpolitik, beim Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung oder bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit blockiert, schreibt Lederer. Dass sich Regierungschef Müller und seine Partei in diesem Wahlkampf trotzdem als Garant für das Wohl der Stadt präsentiere, zeuge „von einer gewissen Chuzpe“. Zumal in Berlin längst eine vielfältige, aktive Stadtgesellschaft entstanden sei, die nicht mehr darauf warte, „bis Regierung und Verwaltung aus der Hüfte kommen“, schreibt der Landeschef der Linken. Müllers Forderung nach „klaren politischen Verhältnissen“ und die Sehnsucht der Berliner SPD, im Zweifel einfach durchzuregieren, müsse den aktiven Bürgern in den Ohren klingen.

Lederer fordert eine neue Kultur des Regierens

Lederer warnte die Berliner SPD vor einem „Weiter-so-Kurs“, der das Engagement und die Kreativität der Berliner vor allem als Störfaktor wahrnehme und die Politikverdrossenheit noch befördere. Es bedürfe jetzt einer neuen Kultur des Regierens. „Nicht die Frage, wer sich gegen wen durchsetzt, sondern wie man gemeinsam zu besseren Lösungen kommen kann, muss handlungsleitend sein.“ Offen bleibe, ob das mit dieser SPD möglich sei, so Lederer. Ohnehin werde über Regierungskonstellationen, ob in Zweier- oder Dreierbündnissen, erst nach dem 18. September aufgrund des Wahlergebnisses entschieden.

Der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Müller hatte sich am Mittwoch für eine „rot-grüne Koalition der Weltoffenheit und sozialen Verantwortung“ stark gemacht. Ein solches Bündnis könne ein neuer Anfang sein. Der „Henkel-CDU“ hatte Müller als künftigem Regierungspartner eine Absage erteilt. Der Beitrag Müllers im Tagesspiegel löste bei Grünen und Christdemokraten, bei der FDP und jetzt auch der Linken kritische Reaktionen aus.

Nach aktuellen Umfragen gibt es in Berlin zwar keine Mehrheit für Rot-Grün, aber für ein rot-grün-rotes Bündnis. In einem Diskussionspapier der Linksfraktion, das SPD und Grünen am Freitag übergeben wurde, heißt es: Ein funktionierendes Dreierbündnis verlange „das Regieren auf Augenhöhe“ und erfordere einen neuen Politikstil.

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