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Berlin: Linker Protest gegen früheren NS-Soldaten Demo nahe dem Haus

eines 93-Jährigen.

Berlin - Herbert W. versteht die Welt nicht mehr. An diesem Freitag wollen Linke in Weißensee demonstrieren – und zwar gegen ihn. Im Gedenken an die Kriegsverbrechen deutscher Soldaten in Italien, teilt ein antifaschistisches Bündnis mit, rufe man zu Protesten in der Nähe der Wohnung des 93-Jährigen auf. Herbert W. war Soldat in der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“, unter Kennern als Truppe „mit besonderem Auftrag“ bekannt: Massaker an Partisanen, Geiselerschießungen, Terror gegen Zivilisten waren als Kriegsführung insbesondere bei dieser Division üblich.

„Ja, das war ein reaktionärer Haufen“, sagt W. „Und ich habe auch von Massakern gehört – selbst dabei war ich jedoch nicht.“ Fest steht, dass W. im Frühjahr 1944 in Italien war, als Einheiten der Division damit begannen, in den Dörfern der Toskana und der Emilia-Romagna nach Widerstandskämpfern zu suchen. Dabei wurden rund 400 Zivilisten ermordet. „Nur, ich lag direkt bei Bologna fest. Und ab Mai 1944 war ich nach einem Fliegerangriff ohnehin in einem Lazarett.“

Vor einem Jahr befand ein Militärgericht im italienischen Verona sieben Wehrmachtsangehörige für schuldig, an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen zu sein. Es sprach lebenslange Haftstrafen aus – freilich ohne dass die verurteilten Deutschen die Strafe antreten werden. Ein Teil der Männer hält auch fast 70 Jahre nach den Massenmorden untereinander noch Kontakt, die Behörden hierzulande ermitteln ebenfalls noch gegen Deutsche wegen des Verdachtes auf Kriegsverbrechen 1944 in Italien.

Vom Gericht in Verona ist Herbert W. freigesprochen worden. „Ich bin zuvor 2006 von Berliner Polizisten vernommen worden“, sagt er. Diese Vernehmung sei nicht die erste gewesen. Schon nach 1945 hätten ihn die Behörden auf dem Gebiet der künftigen DDR zum Einsatz in Italien befragt. „Und ich konnte zeigen, dass ich nicht freiwillig bei der Division gelandet bin“, sagt W. Das wiederum ist zumindest ungewöhnlich, weil die Hermann-Göring-Fallschirm-Panzer-Division als Eliteeinheit vor allem aus Freiwilligen bestand. Das Demonstrationsbündnis sagt, es handele sich um eine „nationalsozialistische Mordeinheit“, auch W. bestätigt, dass die meisten Freiwillige waren. Doch nach Kriegsbeginn 1939 sei die Division durch eingezogene Wehrpflichtige aufgestockt worden.

Im Juli vergangenen Jahres hatten Linke schon mal in der Nachbarschaft eines Angehörigen der Wehrmachtsdivision demonstriert. Helmut O. aus Reinickendorf war zuvor von den italienischen Richtern für schuldig befunden worden. Dass der Berliner nicht nach Italien gebracht wurde, liegt daran, dass Deutschland keine eigenen Staatsbürger zum Haftantritt ausliefert.Hannes Heine

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