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Der Jugendwiderstand im August 2018 in Berlin

© RubyImages/F. Boillot

Update

Maos Schläger aus Neukölln: Razzia bei sieben „Jugendwiderstand“-Mitgliedern

Anfang Juni hatte die Gruppe nach fast fünf Jahren ihre Auflösung erklärt. Nun durchsuchten Ermittler mehrere Wohnungen der Gruppierung „Jugendwiderstand“.

Erst vor zweieinhalb Wochen löste sich die linksextremistische Schlägertruppe aus Berlin-Neukölln vorgeblich auf. Doch die Behörden behalten den "Jugendwiderstand" im Visier. Jetzt rückten die Ermittler bei einigen Mitgliedern an.

Am Mittwochmorgen durchsuchten 107 Ermittler der Polizei mit der Staatsanwaltschaft neun Wohnungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit.

Die Durchsuchungsbeschlüsse richteten sich gegen sieben Mitglieder der gewaltbereiten Maoisten-Truppe. Gegen sie wird ermittelt wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung und weiterer Delikte.

Bei der Durchsuchung sind Speichermedien, Handys, Kleidung für die Vermummung, Waffen und weitere Beweismittel sichergestellt worden.

Bei den Ermittlungen geht es etwa um die Angriffe auf eine pro-israelische Versammlung am 12. September 2018 und auf Teilnehmer des „Rudolf-Hess-Gedenkmarsches“ am 19. August 2017.

Die beschuldigten „Jugendwiderstand“-Mitglieder sollen Teilnehmer des Neonazi-Aufmarsches am Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß am 19. August 2017 in Reinickendorf getreten, mit Gegenständen beworfen und erheblich verletzt haben.

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Die Neonazis waren in Spandau nur wenige hundert Meter weit gekommen, der Aufmarsch war von Gegendemonstranten blockiert worden. Später zogen die Neonazis dann durch das brandenburgische Falkensee im Havelland.

Am 12. September 2018 war der „Jugendwiderstand“ als Sicherheitsdienst für einen Auftritt der Palästinenser-Aktivistin Manal Tamimi im Biergarten „Jockel“ in Berlin-Kreuzberg aktiv. Davor hatten sich rund 25 Menschen zu einer spontanen Gegendemonstration versammelt und Israel-Fahnen dabei.

Tamimi ist bekennende Antisemitin und bereits mehrfach zu Morden an Juden aufgerufen. Für sie ist der Staat Israel ein Terrorregime. Ihre Familie ist in Terroranschläge verwickelt. Die „Jugendwiderstand“-Mitglieder sollen die Gegendemonstranten angegriffen haben. Die Demonstranten berichteten später, der Maoisten-Trupp hätte sie erst aus dem Biergarten gejagt, sie bedroht und mit vollen Windeln beworfen. Die Polizei musste eingreifen.

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Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin begrüßte das harte Vorgehen gegen die Schlägertruppe. "Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht in unserem Land und wir können stolz darauf sein, hier für unsere Interessen im demokratischen Rahmen auf die Straße gehen zu können", sagte Jendro. "Es ist scheinheilig, dass dieses Gut nur für jene gelten soll, deren Interessen man selbst teilt. Insofern ist ein Angriff auf eine durch das Grundgesetz zugelassene Veranstaltung eine Straftat und es ist richtig, dass die Sicherheitsbehörden diese konsequent verfolgen."

Auflösung nur zum Schein?

Die linksextremistische Gruppe aus Berlin-Neukölln hatte Anfang Juni nach fast fünf Jahren ihre Auflösung erklärt. Szenekenner werteten die Auflösung jedoch als taktischen Schachzug, um sich Ermittlungen zu entziehen, aber auch der breiten Kritik in der linken Szene zu entgehen.

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Die Gruppe wurde vom Verfassungsschutz beobachtet, der Staatsschutz des Landeskriminalamtes ermittelte in zahlreichen Verfahren. Erst Anfang Mai hatte Berlins Innensenator Andreas Geisel erklärt, der „Jugendwiderstand“ habe sich zu einer der aggressivsten linksextremen Gruppierungen Berlins entwickelt.

Sich selbst beschrieb der "Jugendwiderstand" als "proletarische, revolutionäre und antiimperialistische Jugendorganisation", die "gegen dieses System, für den Sozialismus und die freie Zukunft des Kommunismus" kämpfe.

Dabei propagierte sie auch den bewaffneten Kampf, verehrte Mao Zedong und Stalin und rief zum Boykott von Wahlen auf. Mitglieder bedrohten Journalisten und griffen andere Linke an, hetzten gegen Israel und leugneten dessen Existenzrecht. Vorrangig beanspruchten sie den Bezirk Neukölln für sich, gingen aber auch in Kreuzberg, Mitte und Wedding gegen Andersdenkende vor.

Die Innenverwaltung erklärte erst kürzlich auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Innenexperten Tom Schreiber, der „Jugendwiderstand“ sei innerhalb der linksextremistischen Szene aufgrund seiner "streng dogmatischen Ausrichtung an den Klassikern des Marxismus-Leninismus isoliert". Durch ihren "betont israelfeindlichen Kurs" werde die marginalisierte Stellung noch verstärkt. "Insgesamt erfährt die Gruppierungen mit ihren Äußerungen und Aktionen aktuell wenig Resonanz innerhalb der linksextremistischen Szene Berlins", erklärte die Innenverwaltung.

Als Anlass für die Auflösung des "Jugendwiderstands" gilt die erstmalige Teilnahme der Wortführer am diesjährigen Al-Quds-Marsch von Islamisten und Antisemiten durch die City West am 1. Juni. In der linken Szene hat das heftige Kritik ausgelöst.

Zugleich hatten Tagesspiegel-Recherchen belegt, dass der "Jugendwiderstand" um die Gunst von Neonazi-Schlägern buhlte und selbst frühere Neonazis in den eigenen Reihen hatte. Bei der 1.-Mai-Demonstration in Kreuz griff die Maoisten-Truppe den feministischen Block an, der ein Banner gegen Antisemitismus gezeigt hatte.

Niklas Schrader, Innenexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, sagte zur Razzia am Mittwoch: „Die Justiz macht ihren Job, das kann man nur begrüßen". Dass der Jugendwiderstand seine Aktivitäten nun einstellt, glaubt Schrader aber nicht. "Es wäre schön, wenn diese antisemitischen Stalinfreunde sich einfach auflösen würden. Aber vermutlich werden sie in einer anderen Form weitermachen, nicht gewaltfrei, nicht friedlich. Das bleibt abzuwarten.“

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