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Katrin Lompscher (Linke), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, hofft auf den Mietendeckel.

© Kay Nietfeld/dpa

Lompscher zum Mietendeckel: „Einen Zuwachs an Luxuswohnungen brauchen wir nicht“

Der Wedding kommt – was die Immobilienpreise angeht. Das Interesse an einer Mietendeckel-Veranstaltung war deshalb groß. Doch es gab auch Kritik.

Von Laura Hofmann

Von 2015 bis 2017 sind nirgendwo in Berlin die Angebotsmieten so stark gestiegen wie in Wedding: nämlich um 20 Prozent. Besonders dramatisch ist das, weil dort 30,7 Prozent der Einwohner unter 65 Jahren von Hartz IV leben, in Gesundbrunnen sind es sogar 37,7 Prozent.

Im Bezirk Mitte, zu dem diese beiden Ortsteile gehören, verfügen 15 Prozent der Haushalte über ein Nettoeinkommen von weniger als 900 Euro. Gleichzeitig liegt die durchschnittliche Angebotsmiete in Mitte bei 12,50 Euro nettokalt pro Quadratmeter.

Eine Diskrepanz, die erklärt, warum die Hoffnungen auf den Mietendeckel in Wedding und Gesundbrunnen besonders groß sind. Zu sehen war das am Dienstagabend im Glaskasten des ExRotaprint. Ins ehemalige Produktionsgelände einer Druckmaschinenfabrik, das seit 2007 gemeinnützig verwaltet wird und Gewerbe, soziale Einrichtungen und Kultur beherbergt, hatte die Linke aus dem Bezirk geladen.

Ehrengast: Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher aus Lichtenberg, die den mehr als 100 Interessierten Rede und Antwort zum „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ stehen sollte. Ein Wohlfühltermin für die 57-Jährige, die mit enthusiastischem Applaus begrüßt wurde.

Das Grundgefühl an diesem Abend: Dankbarkeit, gepaart mit ein wenig Skepsis

Sätze wie „Was wir hier in Berlin machen, ist auch ein Impuls für eine grundsätzlichere Befassung mit der Frage: Wieviel darf Wohnen eigentlich kosten?“ treffen an Terminen wie diesem auf viel Zustimmung. Die allgemeine Stimmung an diesem Abend: Dankbarkeit, gepaart mit ein wenig Skepsis.

Denn auch die für das Gesetz verantwortliche Senatorin kann nicht alle Fragen beantworten. Zu individuell ist jeder einzelne Fall. Da ist der Student aus Wedding, der in einer WG in der Maxstraße wohnt, in der jedes Zimmer einzeln und möbliert vermietet wird.

Da ist der mittelalte Mann mit zum Zopf gebundenem Haar, der nach der zu erwartenden Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht fragt. Lompscher: „Natürlich sind wir recht zuverlässig, dass wir erstens ein solches Gesetz erlassen dürfen und dass wir es zweitens verfassungsgemäß ausgestaltet haben.“

Katharina Mayer (Bezirksverordnete), Ramona Reiser (Stadträtin), Katrin Lompscher (Senatorin) und Tobias Schulze (Abgeordneter).
Katharina Mayer (Bezirksverordnete), Ramona Reiser (Stadträtin), Katrin Lompscher (Senatorin) und Tobias Schulze (Abgeordneter).

© Laura Hofmann

Dass dies aber vor allem eine Hoffnung Lompschers und der rot-rot-grünen Koalition insgesamt - und natürlich auch die vieler Mieterinnen und Mieter - ist, zeigt sich zum Beispiel an diesem Satz, die sie hinterherschiebt: „Wir haben eine ziemlich solide Grundlage...drücken wir uns einfach die Daumen.“ Und daran, dass die Senatorin ihren Rat wiederholt, Mieter sollten lieber das gesparte Geld zurücklegen, bis die Gültigkeit des Mietendeckels abschließend juristisch geklärt ist.

Mietendeckel ist große Aufgabe für die Bezirke, vor der sie auch Angst hatten

Ramona Reiser, die als Stadträtin für Bürgerdienste für die Überwachung des Gesetzes zuständig ist, sagte: „Mit dem Mietendeckel kommt eine ganz große Aufgabe auf den Bezirk zu.“ Voraussichtlich fünf neue Mitarbeiter werde das Bezirksamt einstellen, voraussichtlich auch neue Büroräume brauchen.

Zuerst sei die Angst in der Verwaltung groß gewesen, gibt Reiser zu. „Aber jetzt glauben wir, das ist zu schaffen.“ Auch weil einige Aufgaben, die ursprünglich die Bezirke übernehmen sollten, nun vom Senat oder der Investitionsbank Berlin wahrgenommen werden.

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Für die Absenkung von Mieten, die mehr als 20 Prozent über den festgesetzten Obergrenzen liegen, wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig sein. „Vielleicht wird es eine Behörde für Wohnungswesen geben, die wird schon 100 Leute haben müssen“, sagte Lompscher dazu.

Eigentlich eine Forderung aus der SPD, die allerdings vom sozialdemokratischen Finanzsenator eher kritisch gesehen wird. Begründung: Ein solches Amt zum Laufen zu bringen, dauere deutlich länger als eine neue Abteilung in einer Senatsverwaltung zu bilden.

Zur Kritik, dass Genossenschaften Neubauprojekte absagen müssten, weil ihnen durch den Mietendeckel die finanziellen Mittel fehlen, sagte Lompscher: „Genossenschaften, die nicht mehr bauen können, sollen an uns herantreten, damit wir prüfen können, wie wir da eine Finanzierungslücke füllen können.“

"Der Markt ist sozial blind"

Dem Neubau von Luxuswohnungen erteilte sie eine politische Absage: Es könne sein, dass Investoren, die Höchstmieten verlangen, in Zukunft nicht mehr in Berlin bauen wollen. Aber: „Einen Zuwachs an Luxuswohnungen brauchen wir nicht“, so Lompscher.

Dass der Markt das Wohnungsproblem nicht löst, davon ist auch Katharina Mayer überzeugt, die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte. „Der Markt ist sozial blind.“

Als Beispiel zieht sie die Aussage eines Investors heran, der auch in Wedding aktiv ist: Ausländische Investoren gingen viel unbefangener an Stadtteile wie diesen heran, die noch nicht wirklich angesagt sind, aber in Zentrumsnähe liegen.

„Die gucken sich nur die Lage an, nicht die soziale Situation hier“, sagt Mayer. Sie wisse von einer ganzen Familie, die sich eins der vielen neuen Mikroapartments in Wedding, eigentlich gedacht für eine Person, teile. Andere Mieter würden von Wedding oder Gesundbrunnen an den Stadtrand verdrängt.

"Dann baut niemand mehr eine Wohnung"

Erst gegen Ende der Veranstaltung regte sich ein wenig Widerstand gegen das linke Panel, das übrigens - anders als sonst häufig der Fall - ausschließlich aus Frauen bestand (nur der Moderator, der Abgeordnete Tobias Schulze, war männlich).

Ein Kleinvermieter, der eine 100 Quadratmeter große Wohnung in Wedding besitzt, meldete sich zu Wort. Er erzählte, dass er derzeit auf eigene Kosten Hausschwamm beseitigen müsse.

Der Mietendeckel, der für seine Wohnung nur noch eine Miete von etwas mehr als sechs Euro pro Quadratmeter zulässt, würde ihn finanziell in Schwierigkeiten bringen. Und er sieht schwarz für die Zukunft des Neubaus in der Stadt: „Niemand glaubt daran, dass in den nächsten fünf Jahren genug Wohnungen gebaut werden, damit der Mangel verschwindet, der das Gesetz begründet“, sagt er.

Das wiederum könne dazu führen, dass der Mietendeckel immer wieder verlängert werde. Außerdem fürchtet er, dass auch das Alter von Neubauten, die vom Mietendeckel ausgenommen sind, weiter herabgesenkt werden würde. Aus dieser Sorge heraus „baut niemand mehr eine Wohnung“.

Lompscher reagierte nüchtern: Es sei nicht beabsichtigt, die Altersgrenze von Neubauten, die bisher bei Jahrgang 2014 liegt, einfach zu ändern. Was eine Verlängerung des Mietendeckels angeht, drückte sie sich eindeutig mehrdeutig aus: „Man kann nicht sagen, dass es auf keinen Fall verlängert wird, aber auch nicht, dass es auf jeden Fall verlängert wird.“

Katharina Mayer hatte am Dienstag Geburtstag. „Was gibt's Schöneres zum Geburtstag als einen Mietendeckel?“, fragte Moderator Schulze. Antwort Mayer: „Enteignung vielleicht?“

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