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Gefahr im Anflug. Graugänse können selbst großen Linienmaschinen Probleme bereiten.

© picture alliance / dpa

Lufthansa-Notlandung in Tegel: Gänse zwangen Airbus zur Notlandung in Berlin

Einen ähnlich schweren Zwischenfall wie den am Samstag hat es an Berlins Flughäfen seit Jahren nicht gegeben - aber obwohl die Flughäfen einiges aufbieten, um die Vögel fernzuhalten, kommt es statistisch gesehen täglich zu Schäden durch Vogelschlag.

Ein Gänseschwarm war die Ursache für den Triebwerkausfall an einem Airbus A321 kurz nach dem Start in Tegel. Wie berichtet, hatten die 199 Passagiere des Lufthansa-Fluges LH 195 am Sonnabend bange Minuten erlebt, als die Maschine nach Tegel zurückkehrte. Die Piloten konnten den auch mit einem Triebwerk voll flugfähigen Jet aber sicher landen.

Kurz nach dem Start um 17.43 Uhr waren offenbar mehrere bis zu vier Kilo schwere Graugänse in eines der beiden Triebwerke geraten. Die Piloten entschlossen sich, das beschädigte Aggregat abzustellen und eine Notlage zu erklären, um möglichst schnell landen zu können. In knapp 1000 Metern Flughöhe drehte der Jet über Pankow eine Linkskurve und flog am nördlichen Stadtrand vorbei, um sich südlich von Nauen wieder auf den Landekurs zu begeben. Weil der Lufthansa-Flug Vorrang erhielt, musste ein Airbus von Turkish Airlines aus Istanbul seinen Landeanflug abbrechen und eine Warterunde drehen.

Die Berliner Feuerwehr startete nach der Alarmierung durch die Flughafenwehr um 17.59 Uhr einen Großeinsatz. Auf das Stichwort „Notlandung droht“ fuhren 17 Fahrzeuge nach Tegel. In der Vergangenheit ist mehrfach die Kooperation geübt worden. Bei einem Einsatz hätte ein „Follow me“-Fahrzeug des Airports die Berliner Rettungswagen über das Areal zum richtigen Flugzeug gebracht. Doch am Sonnabend mussten die Helfer nicht eingreifen.

Der Jet rollte mit eigener Triebwerkskraft zurück ans Gate, sagte Lufthansa-Sprecher Jan Bärwalde. Der Umfang des Schadens wird noch untersucht. Die Mehrzahl der Passagiere flog gegen 20 Uhr mit einer Ersatzmaschine nach Frankfurt. Rund 20 Personen verzichteten auf einen erneuten Start.

Einen Zwischenfall mit Vögeln dieser Größe hat es laut Flughafen-Sprecher Lars Wagner in den letzten Jahren an Berlins Flughäfen nicht gegeben. Im Juli 2010 waren Reifen und Bremsen einer Maschine von EasyJet beschädigt worden, als die Piloten in Schönefeld wegen eines nahenden Vogelschwarms den Start abbrachen.

Schäden durch Zusammenstöße mit größeren Vögeln sind ein großes Problem der Fliegerei. Nach der Statistik des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL) gab es 2010 mit deutschen Flugzeugen 1298 festgestellte Kollisionen. Dabei kam es statistisch gesehen täglich – in 367 Fällen – zu Schäden. Geschäftsführer Christoph Morgenroth hat hochgerechnet, dass allein den deutschen Airlines so jährliche Kosten zwischen 18 und 45 Millionen Euro entstehen.

In Berlin gibt es wie an den meisten Flughäfen einen Vogelschlagbeauftragten. Zwischen Startbahnen und Rollwegen lässt man das Gras hoch wachsen, weil die Vögel dann kein Futter sehen, Feinde am Boden befürchten und die Bereiche meiden. Zusätzlich werden Vögel mit Böllern vertrieben, in Schönefeld gibt es sogar drei fest installierte „Schreckknallanlagen“. Gegen Schwärme im Umfeld der Flughäfen sei man aber machtlos, sagt Lars Wagner. Graugänse sind in Flughöhen bis zu einem Kilometer anzutreffen.

Piloten werden vom DAVVL durch regelmäßige Vorhersagen gewarnt. Besonders gefährlich sind die Zugzeiten im Frühjahr und im Herbst. Zwar hat der saisonale Vogelzug seinen Höhepunkt überschritten, doch ist das Risiko nach wie vor hoch, teilte der Ausschuss kürzlich mit.

Größere Tiere können schwere Schäden hervorrufen, nicht immer geht es so glimpflich aus wie Samstagabend. So zertrümmerte eine Blässgans im April 2010 ein Cockpitfenster einer Boeing 737 der Air Berlin, die sich im Landeanflug auf Hamburg befand. Der Flugkapitän wurde durch Splitter verletzt.

Im wohl spektakulärsten Fall musste im Januar 2009 ein Airbus A320 von US Airways in New York auf dem Hudson River notwassern, nachdem Kanadagänse beide Triebwerke demoliert hatten.

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