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Berlin: Luftsprünge in den Süden

Die ersten Urlauber zu Ostern auf Mallorca waren Lehrer. Das war vor 50 Jahren. Damals tauschten die Passagiere noch ihre Plätze

Mal schnell – wie jetzt zu Ostern – in den Urlaub zu düsen, ist für die Berliner und Brandenburger eine Selbstverständlichkeit. Mallorca liegt praktisch vor der Haustür, mit dem Billigflieger nur einen preisgünstigen Luftsprung entfernt. Auch exotischere Ziele sind bequem zu erreichen. Das war nicht immer so – Berlins Ferienflugverkehr begann heute vor 50 Jahren.

Die ersten West-Berliner Mittelmeertouristen hatten sich Anfang der 50er Jahre mit Bus, Bahn und Schiff auf den beschwerlichen Weg in den Süden gemacht. Vor allem Lehrergruppen waren es, die Reisebürobesitzer Hans-Heinrich Mars in den Ferien zum Bildungsurlaub via Barcelona nach Mallorca oder nach Teneriffa befördern ließ. Ihre Schilderungen begeisterten immer mehr Interessenten, denen die Reise jedoch zu umständlich war. Ein Flugzeug musste her, beschlossen Mars und sein Geschäftsführer Rudolf Joseph. In der geteilten Stadt mit der alliierten Lufthoheit war das kein leichtes Unterfangen. Bei der britischen Gesellschaft „Independent“ wurde schließlich eine zweimotorige „Viking“ gechartert. Der erste „Sommerkatalog“ war ein gefaltetes Blatt Papier mit neun Pauschalreisen nach Mallorca. Am 15. April 1956 war der große Tag gekommen: In Tempelhof kletterten 32 mutige Berliner in den bis auf den letzten Platz besetzten Miniflieger mit je zwei Sitzen auf jeder Seite des Mittelganges. Auf dem Rückflug wurden die Plätze getauscht, damit jeder mal am Fenster sitzen konnte. Für die Strecke, die moderne Jets heute in zweieinhalb Stunden bewältigen, brauchten die Berliner Pionier-Flugurlauber sieben Stunden. In Basel musste zum Auftanken zwischengelandet werden.

Der 15-Tage-Trip kostete samt Vollpension im günstigsten Hotel 440 DM. Individuelle Verlängerungen waren nicht möglich. Die Spanier bestanden darauf, dass die Gruppen geschlossen blieben. Für die Einreise benötigten die Berliner einen Pass mit Visum, das beim Konsulat in Hamburg besorgt werden musste. Auch ihre D-Mark konnten die Reisenden nicht einfach in der nächsten Bank in Peseten umtauschen. Ihr „Taschengeld“ mussten sie spätestens einen Monat vor dem Start beim Veranstalter einzahlen.

Trotz der Widrigkeiten war die Nachfrage enorm. Mit 400 Passagieren war man im ersten Betriebsjahr voll ausgelastet. 1957 dann gab es schon wöchentliche Flüge. 1958 kam Tunesien als zweites Ziel ins Angebot, zum Jahresende gründete Mars zusammen mit drei anderen Reisebüros den Berliner Flug-Ring. Die Partnerschaft ermöglichte eine Ausweitung des Angebotes und brachte den Urlaubern neuen Komfort. Zum Einsatz kamen zwei viermotorige „Argonaut“ der Overseas Airlines. Sie hatten bereits 65 Plätze und eine Druckkabine. Waren die Urlauber bis dahin teils kräftig durchgeschüttelt worden, war es jetzt möglich, Schlechtwettergebiete zu überfliegen. Noch zehn Jahre kutschierte man die Berliner mit betagten Propellermaschinen, die bei den großen Liniengesellschaften längst ausgemustert waren, in den Süden. Erst im Jahr 1968 begann auch im Berliner Ferienflugverkehr das Düsenzeitalter.

Gegen die großen Touristikkonzerne hatten die kleinen Veranstalter letztlich keine Chance. Billigflieger und Einzelplatzbuchung haben heute den klassischen Charterflugverkehr fast völlig abgelöst. Charakteristisch für diese Entwicklung, wurde aus dem bereits zuvor durch die Germania Fluggesellschaft erworbenen Berliner Flug-Ring der Billigflieger Germania Express.

Kurzentschlossene, die zu Ostern dem Berliner Aprilwetter nach Mallorca entfliehen möchten, haben noch Chancen: Bei Air Berlin gab es gestern noch Restplätze für Abflüge in Tegel am heutigen Sonnabend und morgigen Sonntag. Kosten bei Rückflug am Dienstag pro Person 257 Euro. Das Doppelzimmer im Hotel Gala in Palma konnte für 54,71 Euro pro Nacht dazugebucht werden. Condor hat für den Abflug am Sonntag ebenfalls noch Plätze frei. Der Preis bei Rückflug am 23. April: 226 Euro.

Rainer W. During

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