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Vorentscheidung. SPD-Fraktionschef Raed Saleh greift doch nicht nach dem Posten des Landesvorsitzenden Jan Stöß.

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Update

Machtkampf in der Berlin-SPD: Saleh tritt nicht gegen Stöß an

Das Gerangel um den Landesvorsitz der Berliner SPD ist entschieden - zugunsten des Amtsinhabers Jan Stöß. Sein Konkurrent, der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh, hat am Sonntag den Verzicht auf eine Kandidatur erklärt.

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Das Ende kam so überraschend wie der Anfang. SPD-Fraktionschef Raed Saleh wird nun doch nicht auf dem Landesparteitag am 17. Mai für den Vorsitz der Berliner Partei kandidieren. Nach zweiwöchigem Schweigen teilte er dies am frühen Sonntagabend einem kleinen Kreis von Journalisten mit. Seinen Schritt begründete er damit, dass sich die Landes-SPD wieder um inhaltliche Fragen kümmern müsse. Saleh versicherte, er werde Parteichef Jan Stöß, dessen Wiederwahl nun gesichert ist, auch in den nächsten zwei Jahren unterstützen – und er hoffe, dass es dem Landesvorsitzenden gelinge, in dieser Zeit die Partei zu einen. „Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht“, sagte Jan Stöß in einer ersten Reaktion am Abend. „Die Spekulationen in den vergangenen zwei Wochen haben der Partei nicht genutzt.“

Ausschlaggebend für Salehs Entscheidung, auf eine Kampfkandidatur zu verzichten, war möglicherweise die Wiederwahl der Arbeitssenatorin Dilek Kolat im SPD-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg, die zu den innerparteilichen Gegnern Salehs gehört. „Unser Fraktionschef hat offenbar nachgezählt und gemerkt, dass ihm die Mehrheit fehlt“, sagte Kolat dem Tagesspiegel. Saleh fordere ständig Stabilität in der Partei und in der Stadt, aber sein Verhalten trage zu stabilen Verhältnissen nicht bei. „Wir werden über Konsequenzen diskutieren müssen“, forderte Kolat. Saleh habe der Berliner SPD geschadet. Einen solchen Politikstil, wie ihn der Fraktionschef pflege, wolle die Parteibasis nicht.

Den innerparteilichen Frieden gestört

Auch die SPD-Kreischefin in Friedrichshain-Kreuzberg, Julia Schimeta, warf Saleh vor, der SPD massiv geschadet zu haben. Er habe den innerparteilichen Frieden gestört und dazu beigetragen, dass sich die Partei nicht auf den Europawahlkampf und den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld konzentrieren könne. Auch Schimeta forderte: „Saleh muss dafür Verantwortung übernehmen.“ Er habe deutlich bewiesen, dass ihm wichtige Führungsqualitäten fehlten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl aus Mitte kommentierte auf Twitter lakonisch: „Nur mal so: Partei ist nicht nur zum Rückenfreihalten da. Und Kandidaturen werden in Gremien erklärt.“ Der Landesvorstand tagt am Montag. Saleh ist eingeladen, hat aber bislang noch nicht zugesagt.

Vor zwei Wochen waren Spekulationen um eine Kampfkandidatur von Saleh aufgekommen – offenbar hatte er es sich zum Ziel gesetzt, die wichtigsten Posten in der Partei auf sich zu vereinen. Stöß forderte daraufhin Klarheit; Saleh allerdings bestätigte sein Ansinnen ebenso wenig, wie er es dementierte. Aus Parteikreisen war allerdings zu vernehmen, dass Saleh auch während seines Osterurlaubs an der Ostsee eifrig bei Delegierten um Stimmen warb. Nach Tagesspiegel-Informationen hielt aber aus den zwölf Kreisverbänden eine knappe Mehrheit zum weithin bereits nominierten Kandidaten Stöß. Viele kritisierten auch das langwierige Verfahren – in scharfen Worten sprach zudem der ehemalige Regierende Bürgermeister Walter Momper dem zögernden Saleh die Führungsfähigkeit ab.

Wie wird sich das innerparteiliche Klima entwickeln?

Dass bereits die Wahl zum Parteichef im Jahre 2014 eine solche Wucht entfaltet, hat vor allem mit der Nachfolge von Klaus Wowereit zu tun. Der Sieger einer solchen Kampfabstimmung auf einem Parteitag wäre als SPD-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2016 kaum noch zu verhindern gewesen.

Eine andere Möglichkeit wäre nur noch eine mögliche Mitgliederbefragung. Hier hätten dann auch beim Wahlvolk derzeit beliebte Senatoren wie der – allerdings parteilose – Finanzsenator Ulrich Nußbaum oder die – wegen des Verhandlungserfolges mit den Flüchtlingen am Oranienplatz gestärkte – Integrationssenatorin Dilek Kolat zum Zuge kommen können. Spannend wird nun sein, wie sich die Ereignisse vom Sonntag auf das innerparteiliche Klima auswirken – und auf die Arbeit der Koalition. „Mit diesem Rückzieher bleibt der schwelende Machtkampf in der SPD weiter offen und die Führungsfrage ungeklärt“, kommentierte CDU-Generalsekretär Kai Wegner. „Aber das ist ein Problem der Partei, nicht der Koalition.“

Eine Woche nach dem SPD-Parteitag steht bereits die Europawahl an – und mit ihr der Volksentscheid über die umstrittene und von den Sozialdemokraten befürwortete Bebauung des Tempelhofer Feldes. In Umfragen liegt derzeit die CDU in der Gunst der Berliner Wähler vorne; zudem steigen auch die Beliebtheitswerte von CDU-Chef Frank Henkel.

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