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Die Initiative "Mafia? Nein Danke!" stemmt sich bereits seit vielen Jahren gegen pauschalisierende Vorurteile und Mafia-Aktivitäten.

© picture alliance / dpa

Mafia? Nein, Danke!: Corleone am Kudamm

Berlin macht ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Die Bedingungen für Mafia-Aktivitäten sind in der Hauptstadt überaus günstig. Innensenator Ehrhart Körting plädiert daher für die Vorratsdatenspeicherung.

Die Arme der italienischen Mafia reichen bis nach Deutschland. In diesem Befund waren sich die Teilnehmer des Kulturabends in der Neuköllner Oper am Dienstagabend einig und forderten noch größere Anstrengungen von den Ermittlungsbehörden. „Berlin ist keine Insel der Seligen“, machte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bei der Diskussion mit Anti-Mafia-Experten aus Italien bereits am Anfang der Veranstaltung klar. Vor allem mit dem Kokainhandel, Schutzgelderpressungen und Geldfälschung verdienen ’Ndrangheta, Cosa Nostra und Camorra in der Hauptstadt ihr Geld.

Der sehr aktive Immobilienmarkt in Berlin sei zudem ideal, um Geld zu waschen, erklärte Körting. Auch der Boom von Automatencasinos könne zum Teil auf die Mafia zurückgeführt werden. Genau lasse sich der Einfluss aus dem Belpaese zwar nicht beziffern. Italienische Gruppen lägen in der Statistik über organisierte Kriminalität in der Hauptstadt aber an dritter Stelle. „Die Mafia ist auch in Berlin“, resümierte Körting.

Dem stimmte auch Laura Garavini zu. Die Italienerin lebt als Abgeordnete für Auslandsitaliener in Berlin und Hamburg. „Berlin hat eine große internationale Anziehungskraft, leider auch für Kriminelle“, so die Parlamentarierin weiter. Nach dem Mauerfall habe eine Art Goldrausch eingesetzt. „Geh’ in den Osten und kauf’ alles was du kriegen kannst“, sei 1989 die Devise der Mafiosi gewesen. Es sind aber nicht nur italienische Kriminelle, die hier ihr Glück suchen. „Die Mafia-Aktivitäten überlagern sich in Berlin mit denen anderen Gruppen“, erklärte Innensenator Körting. Gruppen aus Russland, Osteuropa und kurdische Banden seien ebenso präsent. Ein Anstieg der Delikte könne man aber nicht feststellen, erklärte Körting.

Lesen Sie auf Seite 2, warum sich Körting für eine Vorratsdatenspeicherung ausspricht.

Ingesamt sind die Bedingungen derzeit aber für die Mafia günstig, erklärte Pietro Grasso. Der Staatsanwalt leitet die oberste italienische Ermittlungsbehörde gegen die Mafia. Die Kriminellen profitieren von der Wirtschaftskrise. „Wenn die Banken kein Geld mehr leihen, wenden sich Geschäftsinhaber eben an informelle Stellen“, sagte Grasso.

Allerdings seien den Behörden bereits einige Erfolge gegen die Mafia gelungen. „Der Verfolgungsdruck ist sehr hoch hier“, bestätigte Ehrhart Körting. Pietro Grasso wunderte sich indes über das Vorgehen in Deutschland: „Das deutsche Strafrecht kennt viel bessere Möglichkeiten, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen als das italienische. Die werden aber viel zu wenig genutzt.“

„Wir haben hier eine ausgeprägte Angst vor zuviel Staat“, erwiderte Körting. Er plädiere für die Vorratsdatenspeicherung. „Ich bin für einen Zugriff auf Telefondaten zur Verfolgung organisierter Kriminalität“, erklärte der Innensenator. „Wir dürfen nichts unterlassen, was wirklich notwendig ist.“ Auch Tano Grasso sieht noch viele Verbesserungsmöglichkeiten. Der Unternehmer engagiert sich in der italienischen Vereinigung gegen Wirtschaftskriminalität. „Wir müssen besser verfolgen, wohin Geld fließt und wie sich die Eigentumsverhältnisse bei Restaurants und Geschäften entwickeln.“

Zu der Veranstaltung in der Neuköllner Oper hatte der von Laura Garavini gegründete Verein „Mafia? Nein, Danke!“ eingeladen. Die Organisation setzt sich dafür ein, die Aktivitäten der italienischen Mafia in Deutschland einzudämmen. Mit gezielten Aufklärungsaktionen soll es gelingen, Erpressungsserien zu stoppen. Garavini will dadurch mit einem großen Missverständnis aufräumen und stellt klar: „Italienisch zu sein, heißt nicht, Mafia zu sein.“

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