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Magen-Darm-Infekte: Alarm im Darm

Die Wartezimmer der Praxen sind voll, eine Kinderärztin aus Prenzlauer Berg stöhnt stellvertretend für viele Kollegen: Über die Hälfte der Patienten, die täglich kommen, sind derzeit an Magen-Darm-Infekten erkrankt.

Die Beschwerden fangen mit leichtem Fieber oder einem Grummeln im Magen an, schließlich folgen Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Bis zu 14 Tagen können die Symptome anhalten. Besonders schwer setzen sie Kindern und Älteren zu.

Gerade jetzt, da die Temperaturen steigen, nimmt auch die Zahl der Durchfallerkrankungen zu. Ursache sind unter anderem verunreinigte Lebensmittel wie Eis und Eierspeisen oder zu kurz Gegrilltes. Einer der Erreger von Durchfallerkrankungen ist Escherichia coli, kurz E. coli. Er gehört zu den meldepflichtigen Krankheitserregern: Ein Labor, das ihn zum Beispiel in einer Stuhlprobe nachweist, muss das dem Gesundheitsamt melden, dieses leitet den Vorfall ans Robert-Koch-Institut (RKI) weiter. In diesem Jahr ist die Zahl der E.coli-Erkrankungen deutlich gestiegen, wie eine aktuelle RKI-Statistik belegt. Demnach wurden in den ersten vier Monaten 133 Fälle gemeldet, im Vorjahreszeitraum waren es lediglich 47. Zudem haben sich mehr Menschen mit dem Rotavirus infiziert: 1922. Im vergangenen Jahr waren es im gleichen Zeitraum 1537.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit erklärt dies mit „saisonalen Schwankungen“, die noch nicht besorgniserregend seien. Auch Andreas Jansen, Epidemiologe am RKI, sieht vorerst keinen Grund zur Beunruhigung: „Die Schwankungen können verschiedene Ursachen haben. Es kann zum Beispiel sein, dass eine Reisegruppe oder eine Festgesellschaft sich mit dem Erreger infiziert hat und es dadurch zu einem lokalen, zeitlich begrenzten Anstieg gekommen ist.“ Auch durch neue Labormethoden und vermehrte Untersuchungen könne es zu einem scheinbaren Anstieg kommen. Bedenklich wäre es erst, wenn der E.coli-Typus EHEC vermehrt nachgewiesen würde, ein besonders aggressiver Erreger. „Die aktuellen EHEC-Fallzahlen sind jedoch konstant und mit bundesweit unter 1000 Fällen 2008 in Relation zur Gesamtbevölkerung immer noch gering.“

Sogar rückläufig sind Infektionen mit dem Norovirus. Im ersten Drittel 2008 wurden dem RKI 5030 Erkrankungen gemeldet, 2009 sind es nur 4160. Andreas Jansen begründet das mit biologischen Zyklen. „Der Norovirus fluktuiert im Abstand von zwei bis drei Jahren. Ein Anstieg von Erkrankungen ist zu verzeichnen, wenn bestimmte genetische Typen mit einer starken Dominanz sich durchsetzen.“ Das war in den Vorjahren der Fall – 2006 infizierten sich im ersten Jahresdrittel lediglich 1797 Berliner mit dem Norovirus. Der Höhepunkt des Zyklus scheint nun überwunden zu sein.

Etwa konstant geblieben ist die Zahl der Salmonellen-Erkrankungen: In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden 228 Fälle gemeldet, 2008 waren es 223. Längerfristig betrachtet infizieren sich jedoch immer weniger Menschen mit dem Erreger. 2002 wurden dem RKI im selben Zeitraum noch 506 Infektionen gemeldet. „Dass die Zahl der Salmonellen-Erkrankungen seit Jahren rückläufig ist, kann mit der zunehmenden Impfung bei Legehennen zusammenhängen“, sagt Epidemiologe Jansen, „außerdem ist es möglich, dass durch das Bekanntwerden der Hühnergrippe generell weniger Geflügel und Eier konsumiert wurden.“ hey/fet

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