zum Hauptinhalt
Ein Flugzeug von Turkish Airlines landet am Flughafen BER in Schönefeld (Symbolbild).

© Patrick Pleul/dpa

Update

Mahmoud „Der Pate“ Al-Zein: Berliner Clan-Größe nach 30 Jahren ausgereist

Seit über 30 Jahren war er ausreisepflichtig, nun kam er offenbar einer Abschiebung zuvor. Am Freitag reiste Mahmoud Al-Zein aus Deutschland aus.

Er war als „Pate von Berlin“ oder auch „El Presidente“ bekannt: Am Freitag hat Mahmoud Al-Zein Deutschland in Richtung Türkei verlassen. Damit kam er einer Abschiebung zuvor. Zuerst hatte „Spiegel TV“ über den Flug vom BER in Schönefeld nach Istanbul berichtet. Die Senatsverwaltung für Inneres bestätigte, dass ein „Mann mit Clanbezug“ am Freitag die Stadt verlassen habe.

Al-Zein war 1983 nach Deutschland eingereist, beginn Straftaten wie Diebstahl und Körperverletzung, 1984 wurde sein Asylantrag abgelehnt. Angeblich hatte er keinen Pass, daher wurde er seit über 30 Jahren geduldet – offiziell bestand Unklarheit über seine Nationalität. Er habe die gesamte Zeit nicht an einer Passbeschaffung mitgewirkt, erklärte der Senat.
Polizeiliche Ermittlungen hatten ergeben, dass Al-Zein türkischer Staatsangehöriger sei. Er selbst soll sich unter anderem Namen als Staatenloser aus dem Libanon ausgegeben haben. Im vergangenen Jahr soll er dann einen türkischen Pass beantragt und Asyl aus familiären und gesundheitlichen Gründen beantragt haben. 

Das Landesamt für Einwanderung lehnte dieses ab, es kam zum Rechtsstreit, der bis vor das Bundesverfassungsgericht ging. Alle Gerichte teilten demnach die Auffassung des Landesamtes für Einwanderung.

Mit seiner freiwilligen Ausreise, die gleichzeitig eine Sperre für die Wiedereinreise beinhaltet, wollte Al-Zein offenbar seiner drohenden Abschiebung zuvorkommen. Wie die „Bild“ berichtet, soll er unter einem anderen Namen ausgereist sein, um eine mehrjährige Einreisesperre zu umgehen und einen Polizeieinsatz zu vermeiden. Es war sein richtiger Namen: Mahmut Uca.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Es lohnt sich den Druck aufrechtzuerhalten und hartnäckig dranzubleiben“, erklärte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). Er wertete die Ausreise als „großen Erfolg“ nach jahrelangem Kampf gegen die sogenannte „Clankriminalität“. Die Ausweisung sei ein Meilenstein und habe Signalwirkung. „Es ist nur eine Person, aber es ist eine besondere Person. Das zeigt unsere Entschlossenheit“, sagte Geisel.

Al-Zein ist gewissermaßen der Urvater der Clankriminalität in Berlin, hatte in der Unterwelt großen Einfluss und Macht. Er steht zugleich für das jahrzehntelange Versagen der Behörden im Umgang mit kriminellen Clanmitgliedern. Al-Zein war seit 2005 Tatverdächtiger in fast 70 Straftaten und wurde elf Mal verurteilt, unter anderem wegen Drogenhandels. Zuletzt wurde er 2017 unter anderem wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt.

In seiner im vergangenen Herbst erschienenen Autobiografie „Der Pate von Berlin. Mein Weg, meine Familie, meine Regeln“ beschrieb der Mann sich als Oberhaupt des Al-Zein-Clans, einer der einflussreichsten arabischstämmigen Familien in Deutschland. 

Zugleich beklagte Al-Zein, dass er nie als Asylbewerber anerkannt wurde. Dabei reiste er nach eigener Darstellung in den 80er-Jahren illegal als Urlauber aus dem Libanon ein, war nie politisch verfolgt, dafür aber jahrzehntelang gewalttätig und kriminell.

In einem Zitat zur Veröffentlichung des Buchs sagt er: „Mein Wort zählt. Nicht nur innerhalb der eigenen Familie, auch bei anderen Clans. (...) Wenn mal jemand daneben tritt, wird auch mal ein Auge zugedrückt. Aber wenn die Grenze des Respekts überschritten wird, fließt Blut.“

„Clankriminalität“ geht laut BKA mit eigener Werteordnung einher

Kriminelle Mitglieder arabischer Großfamilie fallen immer wieder mit schweren Straftaten auf: Drogen, Schutzgeld, Diebstähle, Hehlerei, aber auch Geldwäsche, mit der Erträge aus illegalen Machenschaften reinvestiert werden.

Die sogenannte „Clankriminalität“ geht laut Bundeskriminalamt einher „mit einer eigenen Werteordnung und der prinzipiellen Ablehnung der deutschen Rechtsordnung". Zumeist bestehe eine „starke Ausrichtung auf die patriarchialisch-hierarchisch geprägte Familienstruktur“ und eine „mangelnde Integrationsbereitschaft“.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Ferner fallen Clankriminelle durch „Provozieren von Eskalationen auch bei nichtigen Anlässen oder geringfügigen Rechtsverstößen“, ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft und Tumulte in der Öffentlichkeit auf, wie die Wiesbadener Behörde feststellte. Nach den Zahlen des BKA haben OK-Gruppen der Clankriminalität 2019 mindestens einen Schaden in Höhe von 1,6 Millionen Euro verursacht.

Durch ihre Machenschaften sollen sie einen Ertrag von 3,6 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Hinzu kämen Millionen-Erträge von Mitgliedern arabisch- und türkischstämmiger Familien ohne Bezug zur klassischen Clankriminalität. Es geht um Drogenhandel, Diebstahl, Raub, Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche. (Tsp/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false