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Weiße Mahnung. Bernd Zanke vom ADFC vor dem „Geisterfahrrad“. Hier starb vor elf Monaten ein Radler.

© dpa

Mahnmal in Berlin: "Geisterräder" erinnern an getötete Radfahrer

Zum Beginn der Radsaison stellt der ADFC „Geisterräder“ in der ganzen Stadt auf. Sie sollen an tote Fahrradfahrer erinnern. Das Kiezbündnis Klausenerplatz und das Bezirksamt Charlottenburg gedenkt des kleinen Dersu, der vor zehn Jahren im Verkehr ums Leben kam.

An vielen Ecken der Stadt stehen nun weiß lackierte Fahrräder, auch am Platz der Republik. Daran ein Zettel mit einem schwarzen Kreuz: „Radfahrer, 45 Jahre, 20. April 2013“. Hier, an der Scheidemann- Ecke Heinrich-von-Gagern-Straße, war vor elf Monaten ein 45-jähriger Liegeradfahrer beim Rechtsabbiegen von einem Lastwagen getötet worden.

Der Radfahrerclub ADFC hat sogenannte „Geisterfahrräder“ in der Stadt aufgestellt. Die Idee: An den Orten, an denen Radler im vergangenen Jahr bei Unfällen ums Leben gekommen sind, wird ein weißes Fahrrad aufgestellt. Im Jahr 2013 sind neun Radfahrer tödlich verunglückt. Weniger als 2012, damals waren 15 Radler ums Leben gekommen. „Letztes Jahr ist Radfahren in Berlin sicherer geworden“, meint der Sicherheitsexperte des ADFC, Bernd Zanke. Sicherer, aber nicht sicher genug: „Wir wollen mit der Aktion erinnern, mahnen und gedenken“, sagt er. Der Unfall in Mitte sei einer von drei tödlichen Abbiegerunfällen im vergangenen Jahr.

Einen toten Winkel kann es bei Lkws heute nicht mehr geben

„Bei richtig eingestellten Spiegeln an Lkw kann es eigentlich keinen toten Winkel geben. Dies ist allerdings nur bei 40 Prozent der Lkw der Fall“, so Zanke. Die Geisterfahrräder sollen deshalb sowohl Auto- als auch Fahrradfahrer daran erinnern, sich im Straßenverkehr umsichtig zu verhalten. „Wir raten auch Radlern zu einem Schulterblick und zu Blickkontakt mit den Kraftfahrern“, sagt der ADFC-Experte.

Auch der Tod des kleinen Dersu Scheffle vor zehn Jahren hätte mit ausreichenden und gut eingestellten Außenspiegeln vielleicht verhindert werden können. Am 23. März 2004 war der Neunjährige von einem rechts abbiegender Lastwagen an der Ecke Bismarckstraße/Kaiser-Friedrich-Straße in Charlottenburg übersehen worden. Dersu fuhr hinter seiner Mutter auf dem Rad und wurde von einem Lkw überrollt. Der Unfall löste damals eine Diskussion über Zusatzaußenspiegel aus, die Lkw-Fahrern im Straßenverkehr mehr Überblick verschaffen. Was damals noch freiwillig war, ist seit 2007 europaweit Pflicht: Jeder Lkw ab 7,5 Tonnen muss über mindestens sechs Spiegel verfügen.

Die Stele. Drei Meter ist sie hoch, sie steht seit 2006 hier auf dem Mittelstreifen. Nach einem Unfall gab es große Debatten um Lkw-Spiegel.
Die Stele. Drei Meter ist sie hoch, sie steht seit 2006 hier auf dem Mittelstreifen. Nach einem Unfall gab es große Debatten um Lkw-Spiegel.

© Kai-Uwe Heinrich

Am Sonntag wird "Dersus Tag" gefeiert

Anlässlich des zehnten Todestages des Jungen veranstaltet das Kiezbündnis Klausenerplatz und das Bezirksamt Charlottenburg am Sonntag um 16 Uhr eine Kundgebung unter dem Titel „Dersus Tag“. Die Familie des Jungen lebte damals im Kiez rund um den nahe gelegenen Klausenerplatz, ist später dann in die Türkei gezogen. Nach Angaben des Kiezbündnisses werden sie nicht zur Gedenkveranstaltung anreisen. Neben einer Rede des Bezirksstadtrats Marc Schulte (SPD) soll mit Musik Dersus gedacht werden. An der Unfallstelle steht seit 2006 eine drei Meter hohe Ton-Stele zur Erinnerung.

Geisterfahrräder gab es damals nicht. Erst vor sechs Jahren stellte der ADFC die ersten weißen Räder in Berlin auf. Ursprünglich stammt die Idee aus den USA. Inzwischen gibt es die Mahn-Räder in 30 Städten weltweit. Der ADFC muss je nach Bezirk teilweise Gebühren für den Standort bezahlen. Auch werden Fahrräder oft demoliert oder gar gestohlen. Bis Ende November werden die gespendeten Räder dieses Jahr an den Unfallorten stehen.

Clara Billen

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