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Berlin: Maik Penkwitz (Geb. 1961)

Seine Parameter: faule Socke oder Tüchtiger.

Herzinfarkt. Ein Mann, mitten im Leben, kraftvoll, glühend und beliebt, legt sich zum Mittagsschlaf nieder, schnieft noch einmal tief und stirbt. Anzeichen von Krankheit: keine. Alter: 46 Jahre.

Unten wartet die Familie, es ist Feiertag, man ist bei den Verwandten. Auf Tod ist niemand eingestellt. Warum auch?

Maik Penkwitz geht es gut, er mag sein Leben, genau seines, in dem es Erfolg gibt und Freundschaften, Kinder und eine frisch geschlossene Ehe. Zu Hause steht ein Hometrainer, den er benutzt, immer wieder lässt er sich durchchecken beim Arzt, jüngst begann er mit der Gärtnerei. Ein Kleingartenmensch auf einmal, ein Parzellenfan, und was für einer, sogar Einwecken muss sein. Dass ihn das Stückchen Grünland so begeistern würde – er hatte selbst nicht dran geglaubt. Der Schwiegervater war gestorben, seine Parzelle kam in gute Hände.

Aus Lübeck kam Maik Penkwitz nach Berlin, zum Studieren, BWL. Friedenau wurde sein Kiez, die Gastronomie zunächst ein Zubrot, dann Arbeitsmittelpunkt. Weil es gut lief. Als Türsteher, der Maik Penkwitz früher einmal mal war im Interconti, würde er heute „Doorman“ heißen, aber würde er auch mehr Trinkgeld kriegen? Er wurde Kellner im Ausflugslokal Schildhorn, Grunewald, eins der besseren Häuser damals. Danach taten sich im Golfclub Wannsee neue Geschäfte auf, er wurde Veranstaltungsleiter. Wagte schließlich den größten Schritt, das Selbstständigsein. Und hatte das Glück auf seiner Seite. Er machte sich einen Namen, suchte Köche, mit denen er zusammen „catern“ konnte.

Er war ein Guter in seinem Fach, 1995, während der Reichstagsverhüllung verköstigte er Christo und Jeanne Claude. Die beiden haben eine Beileidskarte geschickt.

Maik Penkwitz hatte einen Sohn, Nicolai, 18, der aber lebte nicht mit ihm zusammen, sondern am Bodensee. Der Kontakt war liebevoll und häufig. Vor elf Jahren dann eine neue, gute Liebe, wo vorher viel Alleinsein war: Jana und Maik, Hochzeit war 2006, gefeiert wurde im Schullandheim in Wannsee. Die Trauung sollte katholisch sein, ein Wunsch des Bräutigams, doch die Braut, eine Ostberlinerin, war nicht katholisch. Tausend Fragen waren zu beantworten, sagt Jana Penkwitz, und sehr intim, das fühlte sich für sie wie DDR an. Sie ließen es, Hochzeit nur standesamtlich im Palais am Festungsgraben.

Die Vergangenheit seiner Frau interessierte Maik Penkwitz immer, aber ob einer aus dem Osten oder Westen kam – egal. Er hatte andere Parameter: faule Socke oder Tüchtiger. Zu ihrem 40. Geburtstag überraschte er Jana mit einem west-östlichen Menü. Vorspeise Ragout fin, Hauptgang Mettwurst und Grünkohl. Auch Jana hat einen Sohn, Paul, Maik behandelte ihn wie seinen eigenen.

Mit einem Freund saß er oft vor dessen Lokal, dem „Weinbeisser“ in Friedenau, während die Totenwagen der Firma Eschke vorüberfuhren. Man frotzelte über den Tod, und Maik Penkwitz erzählte, dass er selbst kurz Leichenfahrer war. „Dass er nun selbst bei Eschkes in der Feierhalle liegen würde, war dann irgendwie skurril“, sagt der Freund. Die Trauergemeinde Penkwitz, die Frau, die Freunde, die Familie – sie sind traurig, ja, aber sie zerfließen nicht in Selbstmitleid. An den Freund zurückzudenken, macht sie heiter, der Tod, so unangemessen er in diesem Alter ist, was kann man schon dagegen tun? Die Eltern aus Lübeck, die ihr einziges Kind verlieren, sind in Berlin und geben den Freunden ab von ihrer Kraft.

Auch die Tochter einer Freundin von Maik Penkwitz möchte noch sagen, wie gern sie diesen Mensch gehabt hat. Von ihm kam immer väterlicher Zuspruch, Ermunterung. „Komisch nur war“, sagt sie, „dass wir noch kurz vor seinem Tod über das Sterben sprachen.“ Das hatten sie zuvor noch nie. Judka Strittmatter

Judka Strittmatter

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