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Selbstschutz. Nicht die aktuellen Beziehungskrisen, sondern immer nur die schon etwas älteren, überwundenen bringen Tetta Müller (l.) und Lo Malinke auf die Bühne.

©  Promo

Malediva: Bettgeschichten auf der Bühne

Seit 20 Jahren kehren Tetta Müller und Lo Malinke als „Malediva“ das Innere ihrer Beziehung nach außen. Jetzt laden sie ins Tipi am Kanzleramt zu ihrem neuen Programm „Pyjama Party!“.

Für die meisten ist es ein Albtraum des Wohnens: das Bett hölzern und tonnenschwer, ein Erbstück mit geschweiften Verzierungen, und dahinter eine Blümchentapete, auf der man den Hirsch zwar nicht sehen, aber fast röhren hören kann. Tetta Müller und Lo Malinke von Malediva präsentieren sich auf dem Plakat zu ihrer neuen Show allerdings genauso: im Bett – und damit mittendrin in ihrer häuslichen Wohn-Hölle, die sie so erfolgreich und witzig auf die Bühne bringen können wie nur wenige sonst. Und die sie jetzt mit „Pyjama Party!“ erneut künstlerisch verarbeitet haben. Am Mittwoch ist Premiere im Tipi am Kanzleramt.

„Das Shooting war scheußlich unbequem“, ächzt Lo Malinke. „Wir haben die Fotos in einer Westberliner Pension gemacht, ich hatte ständig Angst vor den Pilzen, mit denen dieses Bett bestimmt befallen war, und musste mich danach mehrmals duschen.“ Während der Show haben sie zum Glück ein anderes, eine Nachbildung ihres eigenen Bettes zu Hause in Prenzlauer Berg, zwei mal zwei Meter breit, mit Teppich und Nachttischlampe. Und da werden sie tun, was sie immer tun: sticheln, keifen, sich in die Parade fahren, und das alles während des verzweifelten Versuchs, einzuschlafen, der natürlich zum Scheitern verurteilt ist.

Kaum hat der eine das Licht ausgemacht, knipst es der andere garantiert wieder an. „Jemand meinte kürzlich zu uns: Jetzt geht ihr nach und nach alle Räume eurer Wohnung durch“, lacht Lo Malinke. „Da ist was dran.“ Seit 20 Jahren kehren Malediva, deren Namen man als „männliche Göttin“ oder – mit einer kleinen Drehung an den Stellschrauben der spanischen Grammatik – als „bösartige Göttin“ übersetzen kann, das Innerste ihrer Beziehung nach außen. In „Ungeschminkt“ (2008) haben sie geheiratet, in „Die fetten Jahre“ (2009) Gäste zum Essen eingeladen.

Es ist eine Liebe, die immer nur indirekt, wie von weither, durchscheint. „Als Paar sind die beiden natürlich bestürzend anstrengend“, sagt Malinke. Denn sie sind dickköpfig und leben auf zwei verschiedenen Planeten. Was sie zusammenhält: Der Wille, es trotzdem zu schaffen, weil da immer noch etwas ist, was Liebe heißt. Deshalb auch die Balladen, die die Abende wie ein roter Faden durchziehen, mit Florian Ludewig am Klavier. Lange hat Wolfgang Kolneder, als Regisseur und Dramaturg eine prägende Gestalt des Grips-Theaters, die Shows von Malediva inszeniert, bis er im vergangenen Jahr starb. Er ist unersetzbar. „Seine Autorität war so riesengroß, dass wir niemanden neben ihm hätten ernst nehmen können“, sagt Malinke. Jetzt führen sie selbst Regie, und Kolneders Geist schwebt über dem Ganzen.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die beiden Künstler sich von ihren Bühnenfiguren unterscheiden.

Was macht das mit einem, wenn man seit 20 Jahren sein Privatleben für alle Welt ausstellt? Malediva schützen sich, indem sie nie aktuelle Ehekrisen auf die Bühne bringen, sondern immer nur Streitigkeiten, die schon fünf oder sechs Jahre alt sind. Außerdem ist da das Haus auf Mallorca, das sie sich gekauft haben und in dem sie sich jedes Jahr für einige Wochen komplett aus dem Betrieb rausziehen, ganz klassisch mit Frühstück, Hund und Meerblick. Ja, die alltäglichen Streitereien werden nach wie vor sofort auf Zetteln aufgeschrieben und zur Keimzelle einer neuen Dialogzeile, aber im wahren Leben hängen die beiden vieles schon längst nicht mehr so hoch. „Der größte Unterschied ist die Lautstärke“, sagt Malinke. Alter, Beruf – das sind alles Themen, die sie privat schon längst durchhaben. Im Unterschied zu den Bühnenfiguren. Die altern nicht.

Oder doch? Wie lange wollen sie das Rad noch weiterdrehen? Bis sie in rentnerbeigen Aktiv-Klamotten auf der Parkbank sitzen? „Bei jeder Show denken wir: Das war’s jetzt. Mehr gibt’s nicht zu sagen. Und dann kommt doch immer wieder noch was. Wir sind noch nicht auserzählt“, sagt Malinke. Und hat gar nichts dagegen, wie eine alte Mutti auf der Parkbank zu sitzen: „Das ist doch bekannt: Im Alter nehmen die Leute zunehmend weniger Rücksicht und werden erst so richtig schön bösartig.“

Tipi am Kanzleramt, Premiere 28. September, bis 16. Oktober, Tickets 12,30 Euro bis 29,50 Euro

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