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Jede Menge Negativschlagzeilen produziert derzeit die "Mall of Berlin"

© dpa

"Mall of Berlin": Berlin baut ohne Plan

Brandschutzmängel und Betrugsvorwürfe: Mit der "Mall of Berlin" hat diese Stadt ein weiteres Baudebakel. Harald Martenstein wünscht sich da schon fast die Fünfjahrespläne der DDR zurück.

Ich finde, dass man sich bei der Berichterstattung über Berliner Baudebakel zu sehr auf den Flughafen konzentriert. Das wird allmählich langweilig. Am Leipziger Platz ist im September das Einkaufszentrum „Mall of Berlin“ eröffnet worden. Es hat eine Milliarde gekostet. Gegen den Generalunternehmer, die Firma FCL, wird wegen Betrugs ermittelt. Beim Berliner Flughafen wird oft gesagt: Man hätte einen Generalunternehmer gebraucht. Dann wäre alles besser gelaufen. Ehrliche Generalunternehmer scheinen allerdings wahnsinnig schwer zu finden zu sein.

In der Mall of Berlin funktioniert, ähnlich wie am Flughafen, der Brandschutz nicht. Die Mängel seien, wie in dieser Zeitung zu lesen war, „sicherheitsrelevant“. Wieso die Mall trotzdem eröffnen durfte, weiß ich auch nicht. Vielleicht hängt es mit dem Weihnachtsgeschäft zusammen. Sie dürfen in der Mall aber keine Weihnachtsmusik spielen, weil sonst der Feueralarm nicht zu hören ist. Es ist wohl auch zu empfehlen, in der Mall nicht laut zu singen. Wiederholt hat es Fehlalarme gegeben, die Sirenen gingen los, obwohl alles in Ordnung war. Das heißt, wenn es wirklich mal einen Feueralarm gibt, muss das nicht viel bedeuten. Der Investor sieht dies positiv, er sagt, die Fehlalarme beweisen, dass die Sirenen funktionieren. Jetzt muss man ihnen halt nur noch beibringen, richtig zu funktionieren.

Eine Baufirma, die beteiligt war, behauptet, es sei „teilweise ohne Plan“ gebaut worden, Freestyle. Das ist ja oft das Problem in Berlin, es gibt keinen Plan. Da muss ich die DDR mal verteidigen, es gab Fünfjahrespläne. Sie haben bei der Mall zum Beispiel 3500 Öffnungen für Lüftungen und Abwasserleitungen vergessen. Jeder vergisst mal was. Aber wer 3500 Sachen vergisst, kann eigentlich nur in der Baubranche tätig sein. Bauen mit Plan ist in Berlin durchaus möglich, aber erst ab zehn Milliarden.

Vor dem Generalunternehmer, gegen den jetzt ermittelt wird, war ein anderer Generalunternehmer am Werk, die BSS. Anfang 2013 wurde gegen die BSS wegen Schwarzarbeit, bandenmäßigem Betrug, Bestechung und der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt Anklage erhoben. Sie haben vom Investor Geld kassiert, sollen aber vergessen haben, die Arbeiter davon zu bezahlen. Bald darauf ging die BSS in Insolvenz, der Investor übergab das Projekt an die FCL. Der FCL-Unternehmer Andreas Fettchenhauer war allerdings auch an der BSS beteiligt. Insofern war für Kontinuität gesorgt, auch was die Betrugsvorwürfe betrifft. Das schönste Detail: Die extrem vergessliche BSS hat auch am Berliner Flughafen mitgebaut. Für das Berlin-Museum schlage ich vor, einen Saal einzurichten, in dem 3500 verstopfte Lüftungsöffnungen zu sehen sind, der Saal sollte „Bauen in Berlin“ heißen.

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