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Margot Käßmann

© dpa

Margot Käßmann in der Zionskirche: Widerstehen macht Freude

Margot Käßmann predigte am Sonntag in der Berliner Zionskirche - einem Ort des Widerstandes in der Nazizeit und später wieder zu DDR-Zeiten. Sie eröffnete das Kirchenthemenjahr "Hier stehe ich". Danach war in der Kirche erstmals die neue Fotoschau ,,Gesichter der friedlichen Revolution" in der DDR zu sehen.

Warum leisten die einen Widerstand und die anderen passen sich an? Eine Frage, wie gemacht für die Zionskirche in Mitte. Gestellt wurde sie am Sonntag vor prallvollen Bänken von Margot Käßmann, die als Gastpredigerin auftrat. Es galt, das Kirchenthemenjahr „Hier stehe ich“ zu eröffnen, und Käßmann schien den Veranstaltern als „Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017“ wie keine andere geeignet. Zu den Zuhörern gehörte auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, der im Anschluss die Fotoschau „Gesichter der friedlichen Revolution“ eröffnete – und dabei erzählte, dass seine Politisierung nebenan in der Elisabethkirche begonnen habe.

Aber erst die Predigt. Ein jeder möge kurz nachdenken, begann Käßmann, wann es eine Situation gegeben habe, in der klar war: Diesen Schritt muss ich jetzt gehen. Und wie oft habe sich doch ein Vorwand gefunden zum Nichthandeln? Wie anders sei da Luther gewesen. Der, 1521 vor dem Reichstag zu Worms letztmalig aufgefordert, seine Thesen zurückzunehmen, widerständig blieb. „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ Dieser Satz wird ihm zugeschrieben. In der Zionskirche habe es später ähnlich gravierende Auseinandersetzungen gegeben: Als 1933 die „Deutschen Christen“ Jesus zum antijüdischen Vorkämpfer erklärten und Hitler zum zweiten Reformator, und der Pfarrernotbund mit dem vormaligen Zionskirchenpastor Dietrich Bonhoeffer sich gegen sie stellte. Sich raus aus der Gemeinschaft begab, raus vors Tor. Das Motiv stammte aus dem Predigttext, Hebräer 13: „Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“ Draußen vor dem Tor – im Widerstand.

Käßmann spricht frei, manchmal unterstreichen Gesten ihre Worte, die ein wenig eigenständiger hätten sein können. Zur Entstehung von Widerstandskraft zitiert sie den Kriminologen Christian Pfeiffer, der den Zusammenhang zwischen Prügel in der Erziehung und späterer Gewaltbereitschaft erforscht habe, immer wieder kommen Bonhoeffer vor und der Friedensbewegungspionier Friedrich Siegmund-Schultze, oder sie referiert aus einem jüngst gelesenen Buch.

Freundlich begleitet die Gemeinde Käßmanns Worte und auch deren Lieblingsgeschichte zum Thema Widerstand: Ein Pfarrer hat einen Apfelbaum im Garten. Als Kinder die Äpfel stehlen, schreibt er auf ein Schild: „Gott sieht alles.“ Und die Kinder? Schreiben darunter „Aber Gott petzt nicht.“ Gelächter in den Bänken, und draußen hat eine wärmende Sonne die morgendliche Diesigkeit geschlagen. Alles ist schön, Widerstand hier und jetzt zwecklos.

Informationen zum Themenjahr: www.widerstandsraeume.de

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