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Berlin: Mark ohne Marke

Damit Brandenburg nicht nur draufsteht: Verbraucherschützer fordern ein Regionalsiegel für Lebensmittel.

Potsdam – Selten hat sich die Brandenburger Verbraucherschutzministerin Anita Tack (Linke) so erbost gezeigt. Man dürfe niemanden „für dumm verkaufen“ und „Käufer von Lebensmitteln derart täuschen“. Ihr Ärger entzündete sich an der am Montag vom Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele publik gemachten Praxis des niederländischen Konzerns FrieslandCampina, der Milch aus Nordrhein-Westfalen und Hessen unter dem Verpackungslabel „Mark Brandenburg“ verkauft.

„Regionalität ist für viele ein zunehmend wichtiges Entscheidungskriterium beim Kauf von Lebensmitteln“, sagte die Ministerin. Diese stehe für Qualität und Frische der Produkte, aber auch für Identität mit dem Wohn- und Lebensumfeld. „Wer Verbraucherinnen und Verbraucher auf diesem Gebiet täuscht, verliert zu Recht das Vertrauen der Kunden“, meinte Tack: „Wo Brandenburg draufsteht, muss auch Brandenburg drin sein.“

Eine Lösung des Problems ist nach Tacks Meinung nur durch „bundesweit einheitliche Mindeststandards für Regionalsiegel“ möglich. Damit würden auch die heimische Landwirtschaft und das heimische Handwerk gestärkt.

Campina hat sich den Begriff „Mark Brandenburg“ schon vor vielen Jahren schützen lassen. „Er ist rechtlich definiert nur ein Name, der nichts weiter bedeutet“, erklärt Veronika Wrobel von der Brandenburger Verbraucherschutzzentrale. „Wir haben die ganze Angelegenheit juristisch prüfen lassen, sind aber nicht zum Erfolg gelangt.“ Kein Verbraucher dürfe daher erwarten, dass „Mark Brandenburg“ tatsächlich für Milch aus der Region steht. Es sei ein sehr ärgerliches und verwirrendes Problem. Campina hat das Milchwerk Elsterwerda schon vor anderthalb Jahren aufgegeben.

Aktuell streben auch die Beelitzer Spargelbauern ein EU-weit geltendes Schutzsiegel für ihr Edelgemüse an. „Viele Straßenhändler missbrauchen unseren guten Namen, indem sie den Kunden schlechte Qualität anbieten“, sagt Manfred Schmidt, Chef des Beelitzer Spargelvereins. „Die wirtschaftlichen Verluste sind zwar ärgerlich, aber mehr schmerzt uns der Imageschaden. Die Kunden erwarten beim Beelitzer Spargel eben beste Qualität und keine miese Importware.“ So ein Siegel könne die Trittbrettfahrer vielleicht abschrecken. Dennoch stellen sich die Spargelbauern auf einen langen Kampf ein. Der „Schrobenhausener Spargel“, der vor allem in München verkauft wird, erhielt seine EU-Anerkennung erst zehn Jahre nach der Antragstellung.

Vor einem Jahrzehnt steckte bereits der Spreewaldverein seinen Wirtschaftsraum ab. Nur wer hier produzierte, durfte seine Gurken als „Spreewälder“ verkaufen. Firmen von außerhalb wie aus Jüterbog verfielen zwar auf den Trick, ihr Gemüse unter „Spreewälder Art“ verkaufen zu wollen. Doch alle Rechtsstreitigkeiten gewannen die „wahren Spreewälder“.

Derzeit sind nach Angaben der Brandenburger Verbraucherzentrale nur wenige Markennamen gesetzlich geschützt. Dazu gehören Thüringer Rostbratwürste, Lübecker Marzipan, Dresdner Stollen, Schwarzwälder Schinken und Münchner Bier. International sind italienischer Parmesan, französischer Roquefort oder schottischer Lachs als „geografische Herkunftsregion“ klar definiert. Unter diesem Namen darf kein Fremder seine Produkte verkaufen.

Natürlich machen sich nicht alle Produzenten und Tüftler diese Mühe. Fünf Brandenburger Bäcker brachten in der Vorweihnachtszeit beispielsweise den ersten „Brandenburger Stollen“ auf den Markt. „Es handelt sich um eigene Rezepturen“, sagt Handwerksmeister Karl-Dietmar Plentz aus Schwante, nordwestlich Berlins. „An einen Patentschutz oder ein EU-Siegel haben wir noch nicht gedacht. Bei einem Erfolg wäre das zu überlegen.“

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