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Das Geld für die Schulen ist da, doch es hakt an anderer Stelle.

© Felix Kästle/dpa

Marode Schulen in Berlin: Rechnung mit vielen Unbekannten

Torsten Kühne, der Bildungsstadtrat des schülerreichsten Bezirks Pankow, sorgt sich um die Effizienz des Berliner Schulbaus.

Einerseits gut, dass jetzt endlich Geld im System ist. Andererseits: Das Geld zieht neue Probleme nach sich. Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) beugt sich über eine schier endlose Tabelle von Schulnamen, Sanierungsbedarfen und Euro-Beträgen und legt los, vor sich den viel diskutierten Schulgebäudescan ausgebreitet. Allein die Auflistung für seinen Bezirk füllt eine mittelgroße Tischplatte und hat ein finanzielles Volumen von 400 Millionen Euro. Wobei Kühne hier gleich einhakt. Denn die nach einjährigem Abwägen errechneten Summen stimmen nicht.

Das hatte schon die Steglitz-Zehlendorfer CDU vor einigen Monaten moniert, aber Kühne möchte über diesen Punkt nicht hinweggehen, weil er ihm wichtig erscheint: Für die Herstellung des Gebäudescans wurde die Quadratmeterzahl der zu sanierenden Fassaden, Fenster oder Grundflächen mit einem bestimmten Euro-Richtwert multipliziert.

Marode Schulen am Stück: Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne erläutert den Gebäudescan für seinen Bezirk.
Marode Schulen am Stück: Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne erläutert den Gebäudescan für seinen Bezirk.

© Kai-Uwe Heinrich

Das sei „irreführend“ sagt Kühne, der als Physiker über Molekularketten promoviert hat und gern etwas genauer hinsieht. Und darum weist er darauf hin, dass der Wert des Gebäudescans nicht mehr ist als ein „finanztechnisches Mittel“, bei dem vieles außer Acht gelassen wurde. Etwa, dass 20 bis 25 Prozent der Kosten noch dazu kommen, weil in den Scan-Preisen die Bauplanungsleistungen nicht berücksichtigt wurden; auch nicht die Kosten für die IT-Infrastruktur und neue technische Standards; auch nicht alle Kosten für Um- und Anbauten.

Zu viele Geldtöpfe

Aber den Bildungsstadtrat mit den berlinweit meisten Schulen – es sind 69 – treibt noch viel mehr um. Zum Beispiel das Problem mit den zahlreichen Geldtöpfen. Berlins Sanierungs- und Baugelder müssen nämlich aus den unterschiedlichsten Quellen gespeist werden. Früher, vor den rot-roten Sparzeiten unter Klaus Wowereit, kam das meiste Geld aus den Bezirkshaushalten, weil die Bezirke die Schulträger sind. Dann aber wurden diese Budgets so gekürzt, dass die Schulen verfielen und das Land mit dem Schulanlagen-Sanierungsprogramm (SSP) nachhelfen musste. Aber auch das reichte nicht, so dass das SSP erhöht und durch die neuen Programme für die wachsende Stadt – Siwa I, Siwa II und Siwana – flankiert wurde.

Womit die wichtigsten Geldtöpfe genannt wären. Allerdings kommen noch weitere Quellen hinzu: Da gibt es Mittel aus dem Denkmalschutz, aus dem Programm Stadtumbau Ost, Inklusions- und Städtebaufördermittel sowie eine Fülle weiterer Bundes- und EU-Programme.

Mit anderen Worten: Man muss für jedes Bauvorhaben die richtigen Töpfe finden oder kombinieren und berücksichtigen, dass manche Mittel zum Jahresende verfallen. Und dann gibt es noch das Problem, dass manche Töpfe ausschließlich für Bauarbeiten verwendet werden dürfen – aber dann fehlt das Geld für die Innenausstattung der sanierten Räume.

Und im Amt fehlt Personal

Das alarmiert Kühne umso mehr, als er bei Rundgängen durch „seine“ Schulen mitunter auf Mikroskope und Landkarten trifft, die er noch aus seiner eigenen Schulzeit (1982-1995) kennt. Hinzu kommt der Personalmangel in den Hochbauämtern, und der wiederum trifft auf Probleme mit den unterschiedlichen Gewerken im Hochbau: vom Dachdecker bis zum Fliesenleger, vom Maler bis zum Elektriker werden die Personalressourcen und Planungskapazitäten knapp.

Kühnes Bezirk muss allein in diesem Sommer 14 erste Klassen mehr aufmachen als im Vorjahr, braucht also noch mehr Räume. Insgesamt kommen in Pankow pro Jahr rund 1000 Schüler hinzu: Aus 32 000 Schülern aktuell werden bis 2014 um die 39 000. Es ist also keine Zeit zu verlieren.

Das wissen auch die anderen Bezirke – allerdings ist es nicht überall so eng wie in Pankow. „Wir sind nach Leipzig und Dresden die drittgrößte ostdeutsche Stadt“, sagt Kühne, um zu verdeutlichen, um welche Dimensionen es geht. Doch er befürchtet weiteren Zeitverlust und „dass erstmal ein ganzes Jahr nur über die Strukturen des Schulbaus geredet wird“.

Generalunternehmer sollen die Engpässe umgehen

Aber vielleicht geht es ja doch schneller. Die drei thematisch involvierten Arbeitsgruppen des Rats der Bürgermeister haben sich, wie berichtet, gerade auf Empfehlungen geeinigt, die auch Kühnes Vorstellungen entgegenkommen. Dazu gehört etwa die Auftragsvergabe an Generalunternehmer, mit deren Hilfe man dem Berliner Mangel an Fachkräften ausweichen könnte. Und auch die Zusammenlegung mancher Finanzierungsprogramme – insbesondere des SSP mit den Bezirksmitteln – gehört zu den neuen Zielen, die Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) am Freitag kommunizierte. Falls der Senat sich auf die Linie der Bürgermeister begibt, wären Kleebank und Kühne wohl optimistischer angesichts der Herausforderungen der nächsten zehn Jahre, in denen Sanierungsstau und Schülerberg gleichermaßen Druck ausüben.

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