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Berlin: Mars macht mobil: Ausflug im Stadtplan

Mit Bildern einer Raumfahrtkamera entstand eine 3-D-Karte von Berlin. Die zeigt per Mausklick, wie es an der gesuchten Adresse aussieht

Von ganz weit oben lässt sich Nachbars Dachterrasse ja schon länger besichtigen: Die Luftbilder im Internet haben’s möglich gemacht. Doch mit dem Hubschrauber bis fast vors Schlafzimmerfenster fliegen kann man erst jetzt, nachdem der Münchner Professor Florian Siegert auf die berühmte Mars-Express-Kamera des Berliner Planetenforschers Gerhard Neukum aufmerksam geworden ist, der für das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Adlershof arbeitet. Es ist ein virtueller Flug – am Computer.

Drei Jahre ist es her, dass Siegert vor den bis dahin unvorstellbar detaillierten Aufnahmen des Roten Planeten saß – und beschloss, die Superkamera zur dreidimensionalen Erfassung seiner bayerischen Heimat zu verwenden. In Potsdam gründete er eine Niederlassung seiner Firma „Remote Sensing Solutions“, die zuvor beispielsweise Umweltschäden in Afrika anhand von Luftbildern erfasst hatte. Im Dezember war der 3-D-Stadtplan von München fertig – und vor wenigen Tagen der von Berlin. Siegert ist inzwischen so oft über die Stadt gerauscht, dass er sich schon ganz gut auskennt. Mit jungenhafter Begeisterung lässt er sich per Maus auf 150 Meter Flughöhe sinken, umkreist den Fernsehturm, schaut vor und hinter den Dom und fliegt weiter über die Linden zur neuen US-Botschaft am Brandenburger Tor. „Die haben wir da schon mal hingebaut“, sagt Siegert. „Das ist die Ausnahme. Ansonsten geben die Bilder den Stand vom Sommer 2005 wieder“.

Ein Flugzeug mit der Kamera an Bord ist in 3000 Meter Höhe über die Stadt geschwebt. Das entstandene Bild musste kleingerechnet werden, damit handelsübliche Computer damit zurechtkommen. Der Sonnenschirm auf Nachbars Balkon bleibt aber erkennbar. Nur tiefer als 150 Meter Flughöhe kommt man nicht. Technisch wäre die Landung auf der Straße schon möglich, aber ein normaler Rechner würde an der Datenmenge scheitern.

Die variable Flughöhe – also die dritte Dimension – ist der aufwändigste Teil des Stadtplans. Möglich wurde sie erst, weil Neukums Marskamera beim Überflug auch Gebäudehöhen erkennen kann. Weil aber die Fassaden vom Flugzeug aus nicht erkennbar waren, sind anschließend Teams mit dem Fotoapparat losgezogen, um die Gebäude in der unmittelbaren City zu knipsen und die Bilder mit dem Stadtplan zu verbinden. Für weiter außerhalb gelegene Gebiete wurden die Grundbücher bemüht, damit etwa ein Jugendstil-Wohngebäude von 1904 nicht plötzlich im Bauhaus-Look daherkommt. Rund 50 000 Gebäude innerhalb des S-Bahnrings sind von allen Seiten zu besichtigen. Bei den Außenbezirken muss das Luftbild reichen. Auch das ist ein Problem der Datenmenge, aber Siegert ist überzeugt: „In fünf Jahren wird es alle touristisch interessanten Gebiete Deutschlands in Super-Auflösung geben.“ 50 Euro kostet der Stadtplan. Ein Teil der Einnahmen gehe an DLR und Stadtentwicklungsverwaltung, ohne deren Unterstützung das Projekt nicht möglich gewesen wäre. Als Kunden sieht Siegert sowohl Touristen als auch Unternehmer wie Architekten und Stadtplaner. Aber auch an die Berliner ist gedacht, etwa mit der Ämter- und Restaurantsuchfunktion. Wer sich beispielsweise für den Asiaten seiner Wahl entschieden hat, bekommt die Telefonnummer gezeigt und wird gleich hingeflogen. Nur kochen kann der Stadtplan nicht.

Die Stadtplan-DVD „Berlin 3D“ ist im Buchhandel und unter www.stadtplan3d. de (plus 2 € Versand) erhältlich. Dort stehen auch die Anforderungen an den PC.

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