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Berlin: Masuren dankt Berlin

Deutsch-Polnische Gesellschaft und Tagesspiegel helfen hungendern Kindern

Plötzlich war es still im Klassenraum. Betretene Gesichter. Sie war deutlich zu spüren, diese Mischung aus überwältigender Freude und zugleich peinlicher Berührtheit: Wie traurig, dass wir solche Gelder überhaupt annehmen müssen. 33300 Euro lautete die Summe auf dem Spendenscheck, den die Delegation des Tagesspiegels und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Berlin (DPG) an Schulleiter und Kirchenvertreter im Dörfchen Garbno in Masuren übergab. Eine hohe Summe, erst recht im Nordosten Polens, wo die Wirtschaft genauso am Boden ist wie die Psyche vieler Menschen. Das Geld hatten die Leser des Tagesspiegels innerhalb weniger Wochen spontan gespendet, nachdem unser Polen-Korrespondent Thomas Roser über die hungernden Kinder an Masurens Schulen berichtet hatte.

„Sie können sich gar nicht vorstellen, was für eine große Hilfe das für unsere Schüler, Lehrer und Eltern ist“, sagt Schulleiterin Stefania Siewruk-Welens von der Grundschule und dem Gymnasium Garbno. Im Herbst 2004 setzte sich zum neuen Schuljahr eine soziale Kommission zusammen, um über die gerechte Verwendung der Gelder zu beraten. Wegen der unerwarteten Höhe hatten die Organisatoren der Spendenaktion um den Berliner DPG-Vorsitzenden Christian Schröter zudem Nachbarschulen in Lankiejmy, Satoczno und Korsze sowie ein Behindertenprojekt in Ketrzyn miteinbezogen. Tagesspiegel und Deutsch-Polnischer Gesellschaft liegen nun detaillierte Abrechungen über die Verwendung der ersten Gelder für insgesamt 1500 Kinder vor. So wurden von September bis Februar in Garbno für 6120 Zloty (1500 Euro) zusätzlich Lebensmittel und Getränke für die Schulspeisung gekauft – in Masuren ist jedes dritte Kind unterernährt, das teils in Blecheimern servierte Essen in der Kantine oft die einzige warme Mahlzeit am Tag. Zudem konnten Schreibutensilien für Kinder aus besonders bedürftigen Familien angeschafft werden, insgesamt halfen an der Schule in Garbno 3840 Euro über den Winter. Aus den Abrechungen geht hervor, dass mehr Essen vor allem an Kinder der ersten Klassen ausgeschenkt werden konnte, sagen Beata Rauch und Elzbieta Blumenbach von der DPG. Teilweise wurde dringend benötigte Winterkleidung für Mittellose gekauft. Das übrig gebliebene Geld wird an den Schulen wohl noch für zwei Jahre reichen, sagte Christian Schröter. Eine Leserin des Tagesspiegels hat sogar eine Patenschaft für die zehnjährige Patrycia und ihre 12-jährige Schwester Paulina übernommen, die bei ihrer alleinerziehenden Mutter in Garbno aufwachsen. Die wildromantische Landschaft dort täuscht über die Not hinweg: Vielfach liegen Felder und Wiesen so unberührt da, weil sie nach dem Niedergang der staatlichen Landwirtschaftsbetriebe schon längst nicht mehr bestellt werden.

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft lädt vom 6. bis 13. August zur Polenreise zu Gutshöfen und Burgen; auch Garbno in Masuren wird besichtigt. Kosten: 799 Euro. Infos: 713 89 213 oder 2096 2280.

Annette Kögel

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