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In der Kritik: Brandenburgs Ministerpräsident und BER-Chefaufseher Matthias Platzeck

© dpa

Matthias Platzeck und der BER: Bremser aus Brandenburg

Chef-Aufseher Matthias Platzeck will mehr Nachtruhe am Flughafen BER, Bund und Berlin lehnen das ab. Und vielleicht wird ja bald ein Posten im Aufsichtsrat frei.

Am Tag danach gerät Matthias Platzeck unter Druck, immer mehr, Stunde für Stunde. Insbesondere in Berlin und auf Bundesebene wird sein Rücktritt gefordert. Nicht vom Amt des Ministerpräsidenten in Brandenburg, sondern vom Amt des Aufsichtsratvorsitzenden am BER. Den Job hatte der SPD-Politiker erst Mitte Januar nach dem Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters, Klaus Wowereit, übernommen.

Klare Worte kamen aber auch aus Brandenburg, von CDU-Oppositionsführer Dieter Dombrowski etwa. Platzeck müsse sich aus dem Aufsichtsrat zurückziehen, da er nicht erst jetzt mit der Aufgabe überfordert sei, sagte Dombrowski. Ähnliche Kritik kam von der CDU aus Berlin. In der Sache drängen im Potsdamer Landtag allerdings fast alle Parteien, auch die CDU, auf weniger Nachtflüge am BER. Lediglich die FDP vertritt eine andere Position. Einen Antrag auf Abwahl des Chefaufsehers planen allerdings weder Berlin, noch der Bund, die anderen beiden BER-Gesellschafter neben Brandenburg. So will man im Bundesverkehrsministerium erst einmal gelassen abwarten, was Platzeck konkret unternehmen wird. In Sachen Nachtflugverbot sieht man keinen Handlungsbedarf. „Der geltende Kompromiss ist ausgewogenen und es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern“, sagte eine Sprecherin. Von ihm selbst sei das Ministerium nicht informiert worden. Man habe aus den Medien davon erfahren und sei überrascht worden. „Er hat in keinem Gremium irgendwie erkennen lassen, dass er seine Position beim Nachtflugverbot ändert“, sagte die Sprecherin.

Dagegen wird in Brandenburger Regierungskreisen betont, dass es eine politische Initiative sei, die auf einvernehmliche Schritte ausgerichtet sei. „Der Landtag erwartet, dass die Landesregierung zügig entsprechende Verhandlungen mit dem Land Berlin aufnimmt“, heißt es dazu in dem Entwurf des geplanten rot-roten Landtagsantrages. Er soll noch im Februar vom Parlament parallel zur Annahme des Volksbegehrens für ein strengeres Nachtflugverbot am BER beschlossen werden. Mit 106 000 Unterschriften war es das erste erfolgreiche in der Landesgeschichte. Der bei einer Ablehnung sonst folgende Volksentscheid im Frühsommer, den die Initiatoren zu einer Abstimmung über den BER machen wollten, fällt aus. Die Opposition in Brandenburg wirft Platzeck bereits vor, dass genau das sein Kalkül sei. Der verteidigte am Mittwoch in einer Videobotschaft an die Brandenburger seine Wende mit der nötigen Akzeptanz für den Flughafens im Umfeld. Er blieb allerdings vage. Von einem Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr war keine Rede.

FDP-Generalsekretär: Platzeck verletzt seine Amtspflichten

„Wir brauchen keine Schauveranstaltung, sondern handfeste Ergebnisse“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Ziel müsse sein, Berlin und den Bund als Miteigner für eine rechtssichere Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den BER zu gewinnen. Machten beide nicht mit, müsse Brandenburg das einseitig durchsetzen. Das will Platzeck allerdings nicht. Dafür sieht die Regierung auch keine juristische Handhabe.

Dass sich Berlin und der Bund den Forderungen anschließen wird, ist andererseits nicht zu erwarten – im Gegenteil. Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sagte: „Die Entscheidung, den Flughafen zu bauen, hatte eine Basis. Und ich verlange, dass die Gesellschafter zu der Vereinbarung stehen.“ Grundvoraussetzung für den Flughafen sei, dass er auch Drehkreuzfunktionen wahrnehmen könne, was mit einer weiteren Einschränkung der Flugzeiten nicht gehe. „Ich halte die Diskussion für eine Belastung und den falschen Weg.“ Und Burkard Kieker, Geschäftsführer der Tourismusfördergesellschaft Visit Berlin und Ex-Flughafensprecher, sagte, er sei relativ gelassen, was die Positionierung Brandenburgs angehe. „Wir können uns auf das Paderborner Niveau herabbegeben, aber das wird Berlin und Brandenburg nicht erfolgreich machen“, sagte Kieker.

Vorgeworfen wird Platzeck aber auch, dass er seine Funktion als Aufsichtsratschef missachtet habe. Im Bundesverkehrsministerium wollte das zwar keiner so äußern. Unmut im Bund gibt es sehr wohl. So wirft FDP-Generalsekretär und Verkehrsexperte Patrick Döring Platzeck vor, seine Amtspflichten zu verletzen. „Matthias Platzeck ist als Aufsichtsratschef dem Wohl des Unternehmens verpflichtet und mit seiner Kehrtwende in Sachen Nachtflugverbot schadet er ihm.“ Was Platzeck wolle, habe „ erheblich negative Auswirkungen auf die Ertragsperspektive und die betriebliche Leistungsfähigkeit des neuen Flughafens“ Döring wertet das Verhalten Platzecks als Vertrauensbruch gegenüber den anderen Gesellschaftern, der kaum zu akzeptieren sei. Es werde nun noch schwieriger, sagte Döring, einen neuen Geschäftsführer für den BER zu finden, weil solche Aktionen das Vertrauen erschütterten. „Wie kann ein neuer Geschäftsführer noch gegen diese weitreichenden Nachtflugregelungen sein, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrates dafür ist? Es bleibt ein Trauerspiel, weil nur parteipolitisches Kalkül im Vordergrund steht und nicht das Gelingen des Unternehmens.“

Und auch Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sagte: „Herr Platzeck muss sich langsam entscheiden, ob er ein brandenburgischer Dorfgraf sein will, oder einen international wettbewerbsfähigen Hauptstadtflughafen aufbauen will.“ Fischer hält Platzecks Vorstellungen für „völlig inakzeptabel“, weil diese Nachtregelungen weit über die auf anderen deutschen Flughäfen hinaus gingen. Diese hätte massive wirtschaftliche Schäden zur Folge, und zwar nicht nur für die Flughafengesellschaft, sondern auch für die Ladenbesitzer und Gastronomiebetriebe.

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