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Berlin: Mauer-Rechtfertigung bringt die PDS-Spitze in Verlegenheit

BERLIN .Auf scharfe Kritik in der PDS-Partei- und Fraktionsführung sind Äußerungen des Weißenseer BVV-Fraktionschefs Martin Dressel, in denen dieser den Bau der Mauer verteidigt hatte, gestoßen.

BERLIN .Auf scharfe Kritik in der PDS-Partei- und Fraktionsführung sind Äußerungen des Weißenseer BVV-Fraktionschefs Martin Dressel, in denen dieser den Bau der Mauer verteidigt hatte, gestoßen.Die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau forderte den Bezirksvorstand Weißensee zu einer "unzweideutigen Stellungnahme zum Grenzregime der DDR" auf.Nach Auffassung des PDS-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, Harald Wolf, sind Dressels Ansichten "untragbar".Er müsse von seinem Amt als Fraktionschef zurücktreten.Auch der Vorsitzende der Weißenseer PDS, Gernot Klemm, hält die Äußerungen für "unangebracht und unakzeptabel".Am Abend wollte sich der Bezirksvorstand mit dem Thema befassen und über Konsequenzen beraten.

Pau bezeichnete es als besonders problematisch, daß sich ein Mandats- und Funktionsträger in dieser Art geäußert habe.Sie erwarte, daß sich die BVV-Fraktion in Weißensee endlich äußere.Über die notwendigen Konsequenzen müsse in den entsprechenden Gremien entschieden werden."Die Zeit, daß so etwas zentral gemacht wurde, ist vorbei", sagte Pau.Nach den Diskussionen um den Vorschlag der rechtspolitischen Sprecherin der PDS-Bundestagsraktion, Evelyn Kenzler, zu einer Amnestie für ehemalige DDR-Funktionsträger, habe sie aber den Eindruck, daß die Diskussion um dieses Thema in der Partei offensiver geführt werden müsse.

Im Fall Dressel gehe es nicht darum, über Maßnahmen wie einen Parteiausschluß nachzudenken, sagte Fraktionschef Wolf: "Ich halte nicht viel von Parteisäuberungen." Vielmehr sei es eine Frage, wie die politische Auseinandersetzung geführt werde.Es könne auch nicht darum gehen, "Gesinnungsüberprüfungen" bei den Mitgliedern zu betreiben.

Der PDS-Bundestagsabgeordnete Manfred Müller, zu dessen Wahlkreis Weißensee zählt, bezeichnete es als absolut notwendig, daß sich die PDS radikal mit ihrer SED-Vergangenheit auseinandersetzt.Er äußerte die Vermutung, daß einigen in der Partei auch "der Wahlerfolg bei der Bundestagswahl zu Kopf gestiegen" sei und diese jetzt äußerten, was sie vorher aus wahltaktischen Gründen nicht gesagt hätten.Wenn die Vergangenheit derart "unerträglich schön geredet" werde, könne auch er als gebürtiger Wessi sich in die Diskussion einmischen.

Zu dem Eklat war es während der BVV Weißensee am 9.Dezember gekommen.Der PDS-Fraktionschef Dressel hatte versucht, den Bau der Mauer zu rechtfertigen.Dressel vertrat die Ansicht, die "Grenzgänger" aus dem Ostteil der Stadt seien dafür verantwortlich gewesen, daß die Mauer gebaut werden mußte.Anlaß war die persönliche Erklärung eines CDU-Verordneten gewesen, der die Amnestie-Diskussion zum Anlaß nahm, an die aus Weißensee stammenden Maueropfer Peter Fechter und Günter Litfin zu erinnern.Die Fraktionen der SPD und der CDU hatten die Äußerungen empört zurückgewiesen.In Weißenseer PDS-Kreisen heißt es, daß Dressel nicht die Meinung seiner Fraktion vertritt, sondern seine private Meinung.Hinter vorgehaltener Hand spekulierten jüngere PDS-Mitglieder über Dressels Ablösung als Fraktionsvorsitzender.Mit Rücksicht auf die schwere Diabetes des 66jährigen war die Fraktionsmehrheit bislang gegen die Ablösung.

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