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Auch in der Philharmonie fand ein Konzert zum 9. November statt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Mauerfall-Jubiläum in Berlin: Ein namenloser Held in der Philharmonie

Das Konzert in der Philharmonie war einer der musikalischen Höhepunkte des Mauerfall-Jubiläums. Dort fiel ein Mann durch sein zupackendes Wesen und seine Hilfsbereitschaft auf.

Der diesjährige 9. November gehörte auch den vielen namenlosen Helden, die vor 25 Jahren die friedliche Revolution in der DDR und damit den Fall der Mauer möglich gemacht haben. Daran erinnerte die Lichtgrenze, die sich zwei Tage durch Berlin zog. Millionen Menschen sahen, wie diese sich wieder auflöste, die Ballons in den Himmel stiegen und dort im Dunkel verschwanden. Und während all der Feierlichkeiten an jenem Tag fiel ein Mann auf, ohne den es für manche vielleicht ein nicht so schöner Abend geworden wäre. Ein namenloser Held des Alltags, der aber nicht unerwähnt bleiben soll.

Es war in der Philharmonie: Wie am Brandenburger Tor stand auch dort Beethovens symbolkräftige Neunte auf dem Programm – dirigiert von Simon Rattle. Der dritte, der langsame Satz hatte begonnen. Aufmerksam lauschte das Publikum. Auf einmal stand ein Mann in den Zuhörerreihen auf, eilte zur Bühne und erklomm sie. Was hatte das zu bedeuten? Wollte jemand dieses besondere Konzert für eine politische Aktion nutzen oder einfach nur stören? Die Aufmerksamkeit aller im Saal hätte er gehabt. „Wogegen um alles in der Welt könnte er protestieren wollen – bei Beethovens Neunter in dieser Nacht der Nächte?“, fragte sich auch Alan Rusbridger, der Chefredakteur des britischen „Guardian“, der im Publikum saß.

Aber dieser Mann wollte nicht demonstrieren; er wollte helfen, das wurde den Zuhörern schnell klar. An den Pulten der zweiten Geigen war eine Musikerin zusammengebrochen. Sie war ohnmächtig geworden. Bewegungslos saß die Geigerin auf ihrem Stuhl. Fast ein Wunder, dass sie nicht von ihrem Platz fiel. Gemeinsam mit anderen Konzertbesuchern schaffte der Mann es, die Frau behutsam von der Bühne zu bringen. Und in den Reihen standen andere Zuhörer von ihren Plätzen auf, eilten nach draußen. Das sind bestimmt Ärzte, dachte sich Rusbridger. Die Musiker spielten die ganze Zeit weiter, so, als ob alles so wie immer wäre.

Nach kurzer Zeit kam der Mann, der den Zusammenbruch auf der Bühne zuerst bemerkt hatte, wieder rein und setzte sich. Aber nur für wenige Augenblicke. Hinter ihm war jetzt jemand aus dem Publikum bewusstlos geworden. Auch hier zögerte er nicht lange und packte an. Als sei es das Selbstverständlichste dieser Welt. Und wieder folgten ihm andere Konzertbesucher, um ihre Hilfe anzubieten. Es lief alles reibungslos. Nicht wahrgenommen von den Zuschauern war auch der stets bei Konzerten anwesende Bühnenarzt aktiv. Noch bevor der dritte Satz zu Ende war, saßen alle Besucher wieder auf ihren Plätzen.

Schon kurz nach dem Konzert konnte die Philharmonie vermelden, dass es der Musikerin wieder besser ging. Vielleicht auch dank des schnellen Eingreifens des namenlosen Helden.

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