zum Hauptinhalt

Berlin: Mauschelei auf Kosten der Zahnarzt-Renten

Ehemaliger Geschäftsführer der Standesvertretung wegen Untreue zu Bewährungsstrafe verurteilt

Die Fäden liefen bei Hartmut L. zusammen. Er war Geschäftsführer der Zahnärztekammer Berlin und deren Versorgungswerkes. 14 Jahre lang. Doch seit 1995 missbrauchte er seine Stellung, machte gemeinsame Sache mit zwei Maklern. Beim Erwerb von sechs Immobilien für die Pensionskasse wurden über Scheinfirmen ungerechtfertigte Provisionen abgerechnet. Ein Drittel der Courtage von insgesamt rund 1,2 Millionen Euro hatte laut Anklage der heute 58-jährige L. kassiert. Nach seinem Geständnis wurde er am gestrigen Donnerstag wegen Untreue zu 23 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem muss er eine Geldstrafe von 30 000 Euro zahlen.

Wer denn auf die Idee gekommen sei, sich selbst zu bereichern, wollte der Richter wissen. „Ich bin reingerutscht“, meinte der Ex-Geschäftsführer. Einer der Makler habe die Sache eingefädelt. Er selbst sei damals in einer schwierigen persönlichen Situation gewesen, jammerte der Angeklagte. „Trennungsphase, ich war sehr labil, hatte viel zu tun und habe vieles ausgeblendet“, meinte der weißhaarige Mann. „Ich bereue es sehr.“

Nach einem Vorstandswechsel 1999 schöpfte man bei der Zahnärztekammer Verdacht. Wirtschaftsprüfer brauchten Anfang des Jahres nur zwei Wochen, um den Schwindel mit fiktiven Rechnungen an nicht vorhandene Firmen aufzudecken. Hartmut L. wurde fristlos entlassen, in der Schweiz 361 000 Euro auf seinem dortigen Konto festgesetzt. Er fühlte sich zunächst alles andere als schuldig, zog gegen die Kündigung vors Arbeitsgericht – und verlor.

Einer der Makler saß nun mit auf der Anklagebank. Der 65-jährige Kaufmann Peter B. wurde wegen Beihilfe zu 14 Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 5 000 Euro verurteilt. Für beide Angeklagte wertete das Gericht neben dem Geständnis auch die Schadenswiedergutmachung als strafmildernd. Wie Hartmut L. hat B. Gelder auf einem Schweizer Konto zu Gunsten der Zahnärztekammer freigegeben. In seinem Fall waren es rund 200 000 Euro. Der dritte Mann im Bunde – ebenfalls ein Makler – ist für die Berliner Justiz derzeit aber nicht greifbar. Er soll in Luxemburg leben.

Und offenbar war es nicht schwierig, sich beim Versorgungswerk der Zahnärzte selbst zu bedienen. Er habe ein regelrechtes Chaos vorgefunden, als er 1999 das Amt übernahm, sagt der Vizepräsident der Berliner Zahnärztekammer, Jürgen Gromball, dem Tagesspiegel. Vor allem bei den Immobilien, die das Versorgungswerk unter anderem als Kapitalanlage besitzt, habe es viele Lücken in den Akten gegeben. „Es hat über vier Jahre gedauert, bis das alles aufgearbeitet war und uns Wirtschaftsprüfer einen endgültigen Abschluss attestieren konnten.“ Er habe vor sechs Jahren auch die Reißleine gezogen und den damaligen Geschäftsführer L., der gestern vor Gericht stand, entlassen.

In das Berliner Versorgungswerk zahlen rund 6600 Zahnärzte aus Berlin, Brandenburg und Bremen die Beiträge für ihre Altersversorgung ein. Derzeit verwalte man ein Vermögen von rund 600 Millionen Euro, sagt Gromball. Dieses Geld ist beispielsweise in Immobilien und Aktien angelegt. Bei dieser Summe falle der Schaden von rund einer Million Euro nicht stark ins Gewicht, zumal man rund die Hälfte davon von den Konten der Angeklagten in der Schweiz zurückerhalten habe. „Die Altersvorsorge der Zahnärzte ist dadurch nicht gefährdet.“ Wenn überhaupt, sei die Rendite im hundertstel Prozentbereich geschmälert. Viel schwerer aber wiege der durch die Angeklagten angerichtete Vertrauensverlust.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false