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Berlin: Maximalrisiko BER: Flughafen könnte nochmal teurer werden Aufsichtsratschef Wowereit signalisiert bei einer Anhörung, dass es eng wird

Der finanzielle Puffer auf der Baustelle ist nur noch gering.

Die Risikovorsorge für den unvollendeten BER-Airport in Schönefeld ist fast aufgebraucht. Was jetzt noch kommt an unkalkulierbaren Ereignissen, könnte den Kostenrahmen erneut sprengen. Das war die Kernaussage des Regierenden Bürgermeisters und Flughafen-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD) bei einer Anhörung am Mittwoch im Abgeordnetenhaus. Besonders der Schallschutz und Schadensersatzzahlungen bergen weitere Risiken. Deshalb rechnet die Opposition in Berlin wie in Brandenburg damit, dass mittelfristig wieder Finanzhilfen nötig sind, obwohl gerade 1,2 Milliarden Euro bereit gestellt werden.

Da die Kassen des Flughafens fast leer sind, wollen Berlin, Brandenburg und der Bund Anfang Januar die ersten 305 Millionen Euro überweisen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat dafür am Mittwochabend eine Tranche des bislang wegen der chaotischen Zustände beim BER teils gesperrten Bundesanteils von 312 Million freigegeben. 2013 fließen aus der Bundeskasse allerdings zunächst lediglich 85 Millionen Euro. Zudem erneuerte der Ausschuss seine Forderung, von Gutachtern die Verantwortung von Flughafen-Geschäftsführer Rainer Schwarz für das BER-Desaster zu prüfen – und ihn im Ernstfall zu entlassen.

Die positive Nachricht: Die EU will die erhöhten Zuschüsse der drei Anteilseigner Berlin, Brandenburg und Bund nach Angaben Wowereits genehmigen, es fehle nur noch der offizielle Bescheid im sogenannten Beihilfeverfahren. Tatsächlich soll EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia das Notifizierungs-Papier unterschrieben haben, der formale Abschluss durch die EU-Kommission wird kommenden Mittwoch erwartet. Vorher darf das Geld auch nicht fließen.

Trotzdem bleibt der BER eine Zitterpartie, beim Termin und bei den Kosten. Der Aufsichtsrat hatte jüngst innerhalb des 1,2-Milliarden-Pakets das Baubudget um 250 Millionen Euro aufgestockt. Unter anderem, weil Firmen nur weiterarbeiten wollen, wenn sie vorfristig Geld bekommen – auch für bisher nicht einkalkulierte Zusatzaufträge aus der Chaosphase vor der geplatzten Eröffnung zum 3.Juni 2012. Und Technikchef Horst Amann betonte, dass die Bauarbeiten bis Mai 2013 abgeschlossen werden müssen, um den Probebetrieb und die Eröffnung zum 27. Oktober 2013 zu sichern. Man sei etwas in Verzug, aber noch im Plan.

Nach den Aussagen von Wowereit reicht aber die Milliarden-Spritze im schlimmsten Fall nicht mehr aus, wenn etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) doch auf seinem bisherigen Urteil mit einem 591 Millionen Euro teuren Schallschutzstandard besteht. Realisiert wird derzeit eine von Brandenburgs Infrastrukturministerium angeordnete abgeschwächte Variante, die etwa 305 Millionen Euro kostet. Diese Wowereit–Aussage provozierte in Brandenburg erhebliche Unruhe, weil sie im Widerspruch zu Aussagen von dortigen Aufsichtsratsmitgliedern steht. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Vizeaufsichtsratschef, lehnte im Hauptausschuss des Landtags einen Kommentar zu den Wowereit-Erklärungen ab. Er wiederholte frühere Aussagen, dass am Flughafen ein „exzellenter Schallschutz“ realisiert werde. Flughafenchef Rainer Schwarz sagte, der Flughafen kalkuliere mit 305 Millionen Euro für Schallschutz, das sichere einen besseren Lärmschutz für Anwohner als um andere Flughäfen. Berlins Senatssprecher Richard Meng sagte, es sei rein hypothetisch, dass die Finanzspritze nicht ausreiche. Nur wenn alle „Maximalrisiken gemeinsam eintreten“, darunter ein neues Schallschutzurteil, müsste finanziell noch einmal draufgesattelt werden. Alle bekannten heutigen und künftigen Risiken seien bislang im Zusatzbudget abgedeckt. Die Piratenpartei forderte den Senat auf, dem Hauptausschuss einen monatlichen Bericht über die Flughafen-Finanzen vorzulegen, was SPD und CDU ablehnen. „Die Regierung verschließt die Augen“, kritisierte Piraten-Abgeordneter Heiko Herberg.

Druck macht der Bund. In Brandenburgs Hauptausschuss sprach sich Staatssekretär Michael Odenwald, Chef der Soko „BER“ des Bundesverkehrsministeriums, dafür aus, dass auch die Länder Berlin und Brandenburg ähnliche BER-Sonderkommissionen einrichten, um Konsequenzen aus dem BER-Fiasko zu ziehen.

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