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Medikamenten-Affäre: Justizsenatorin rechtfertigt Entlassung Flügges

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue hat die überraschende Entlassung ihres Staatssekretärs Christoph Flügge verteidigt. Es habe Meinungsverschiedenheiten in der so genannten Medikamenten-Affäre gegeben.

Berlin - Dagegen wirft der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Lutz Diwell, von der Aue einem Medienbericht zufolge mangelnde Professionalität vor. Die Senatorin hatte am Freitag die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Flügge verkündet, weil das notwendige persönliche Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben sei.

Die Senatorin und ihr Staatssekretär seien "unterschiedlicher Auffassung" über die Aufklärung der Vorgänge in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit gewesen, sagte von der Aues Sprecherin Barbara Helten. Differenzen habe es auch in der Frage der Besetzung einer von der Senatorin gebildeten Arbeitsgruppe gegeben, die die Affäre untersuchen soll. Bedienstete der JVA sollen dort jahrlang Medikamente für den privaten Gebrauch unterschlagen haben.

Nur zufällig erfuhr die Senatorin von der Affäre

Während die Anstaltsleitung bereits im August 2006 über den Verdacht informiert war, erfuhr von der Aue laut einem Medienbericht erst Mitte Januar zufällig davon. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit in fünf Fällen. Die Senatsjustizverwaltung räumte mittlerweile ein, dass eine Dienstanweisung zur Neuregelung der Medikamentenbestellung in der Anstalt erst mit über einmonatiger Verspätung schriftlich weitergegeben wurde.

Aus Sicht Diwells ist es ein Indiz fehlender Selbstsicherheit, wenn die Senatorin Flügge vor dem Abschluss jeglicher Ermittlungen entlasse. Sofern es in diesem Zusammenhang in der Haftanstalt Moabit zu einer Kommunikationspanne gekommen sei, handele es sich allenfalls um eine "Petitesse", sagte Diwell.

Die Opposition fordert lückenlose Aufklärung über die Affäre und die Entlassung Flügges. "Sicherlich trägt der Staatssekretär die Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten beim Medikamentenhandel in der Haftanstalt Moabit", sagte Grünen-Rechtsexperte Dirk Behrendt. Aber die Senatorin müsse eine Vielzahl noch offener Fragen am Mittwoch im parlamentarischen Rechtsausschuss beantworten. Sie werde zudem erklären müssen, ob die Entlassung des Staatssekretärs mit dessen möglichen Verfehlungen zusammenhänge oder der Verdacht des Medikamentenhandels "nur ein willkommener Anlass war, Flügge zu entlassen".

Zudem werde die Justizverwaltung allen Behauptungen von Gefangenen nachgehen, wonach diese unzureichend medizinisch versorgt wurden, kündigte Senatssprecherin Barbara Helten an. Hintergrund ist ein Fall in der JVA Tegel, wo am Sonntag ein 56-jähriger Insasse plötzlich verstorben war. Der Häftling hatte sich zuvor in der Gefangenenzeitung wegen angeblich mangelnder medizinischer Versorgung beschwert. (tso/ddp)

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