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Berlin: Mehdorn hat freie Hand

Gegen die Rückkehr der Architekten am BER gibt es keinen Widerstand in Berlin und Brandenburg.

Schönefeld - Das ist sicher ein seltenes Gefühl für Hartmut Mehdorn: der Flughafenchef provoziert mit seinen Ideen wenig Widerstand. Weder die Landesregierung in Brandenburg noch der Berliner Senat würden sich der erwogenen Rückkehr der BER-Architekten Gerkan, Marg und Partner (GMP) widersetzen, obwohl der Aufsichtsrat im vergangenen Mai unter dem damaligen Vorsitzenden Klaus Wowereit und dem Vizechef Matthias Platzeck zugestimmt hatte, das Büro zu feuern und auf Schadenersatz zu verklagen. Hier geht es um rund 80 Millionen Euro. Alles, was die Flughafen-Eröffnung voranbringe, sei richtig, sagten der Sprecher der Landesregierung, Thomas Braune, und Senatssprecher Richard Meng am Dienstag übereinstimmend. Am Wochenende war bekannt geworden, dass Mehdorn bereits zwei Gespräche mit Meinhard von Gerkan geführt hat, dessen Berliner Büro die Pläne für den BER-Flughafen entworfen hatte. Die Architekten waren auch am Dienstag nicht zu erreichen.

Das Konzept, unter Regie des Flughafens mit einem Großteil der Firmen weiterzumachen, die bereits für GMP gearbeitet hatten, sei nicht aufgegangen, heißt es beim Flughafen. Die im Mai 2012 weitgehend eingestellten Arbeiten ruhen noch immer, obwohl der inzwischen inthronisierte neue Technik-Chef Horst Amann bereits im vergangenen November wieder Gas geben wollte.

Der Flughafen bleibt zwar bei seinem Vorwurf, die Architekten hätten Fehler gemacht und unzureichende Pläne abgeliefert, doch es habe sich inzwischen gezeigt, dass GMP das Zusammenarbeiten der unterschiedlichen Firmen gut gesteuert habe. Das Fortsetzen der Arbeiten ohne den Sachverstand der Architekten hatte sich zudem erschwert, weil Amann auch zahlreiche Mitarbeiter des Flughafens aus dem BER-Projekt entfernt hatte und mit neuen Kollegen, die sich mühsam einarbeiten mussten, die Sache voranbringen wollte. So entstanden Meldungen, Kühlleitungen seien nicht isoliert oder im Terminal lasse sich das Licht nicht ausschalten. Eine Isolierung der Leitungen ist jedoch überflüssig, und das Licht brenne aus Sicherheitsgründen, heißt es inzwischen beim Flughafen.

In welcher Form GMP wieder in das BER-Projekt einsteigen würde, steht nach Tagesspiegel-Informationen bisher aber nicht fest. Eine Rückkehr zur alten Konstruktion, bei der GMP Generalplaner und gleichzeitig für die Ausführungsplanung und Bauüberwachung zuständig war, werde es sicher nicht geben, sagen Insider. Gefragt sei aber der Rat der Architekten. Eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit könnte auch zu einem Vergleich bei den Schadenersatz-Forderungen führen; ein Fortsetzen vor Gericht würde sich noch Jahre hinziehen.

Um den BER schnellstmöglich ans Netz zu bringen, wolle Mehdorn auf internen und externen Sachverstand zurückgreifen, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Deshalb habe Mehdorn das Beschleunigungsprogramm „Sprint“ initiiert. Ziel dabei sei es, sämtliche mit der Inbetriebnahme des BER zusammenhängenden Prozesse – angefangen von den Restbauarbeiten über Genehmigungen, Probebetrieb, Umzug bis zur Flughafeneröffnung – zu bündeln, um den BER so schnell wie möglich in Betrieb nehmen zu können. Mehdorn spreche deshalb mit allen, die einen konstruktiven Beitrag für eine rasche BER-Eröffnung leisten könnten. Dabei gebe es keine Denkverbote. „Die derzeit kursierenden Personalspekulationen kommentieren wir aber nicht“, sagte Kunkel weiter.

Kontakt hat Mehdorn auch zum Projektleiter beim Bau des Hauptbahnhofs in Berlin, Hany Azer, aufgenommen, den er ebenfalls ins Sprint-Team holen will. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte Azer, der bei der Bahn beschäftigt ist. Er war unter anderem auch für die Bahnanbindung des BER, den Umbau des Ostkreuzes und zeitweise für Stuttgart 21 verantwortlich, wo er die Kostensteigerungen fast exakt vorausgesagt hatte.

Im Gespräch ist zudem, den ehemaligen Betriebsleiter von Tegel, Elmar Kleinert, zurückzuholen, der – wegen Differenzen mit dem damaligen Flughafenchef Rainer Schwarz – 2009 als Flughafenchef nach Paderborn gegangen war. Kleinert war in der Gerüchteküche nach der Ablösung von Schwarz im Januar auch als Chef der Berliner Flughäfen gehandelt worden. Klaus Kurpjuweit

Ehrenrettung der Architekten: Seite 19

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