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Berlin: Mehdorns neues Nadelöhr

Bahnchef stößt auf Kritik im eigenen Haus: Station Papestraße ist für ICE-Wartung ungeeignet. Neue Chance für Bahnhof Zoo?

Der Widerstand gegen das neue Bahnkonzept für Berlin von Bahnchef Hartmut Mehdorn wächst – im eigenen Haus und draußen. Bedenken von Bahn-Fachleuten gibt es nach Tagesspiegel-Informationen vor allem gegen das künftige Betriebskonzept am neuen Bahnhof Südkreuz (Papestraße). Dort soll laut Mehdorn nicht nur ein neuer Bahnhof entstehen, sondern gleichzeitig eine Art Miniwerkstatt, um die Züge an Ort und Stelle inspizieren und reinigen zu können. Dafür ist der Bahnhof aber nicht konzipiert. „Er kann dann schnell zum Nadelöhr für den Nord-Süd-Verkehr werden“, sagt ein Fachmann der Bahn.

Um den künftigen Hauptbahnhof im städtebaulichen Niemandsland am ehemaligen Lehrter Bahnhof mit Menschen zu füllen, wollte Mehdorn ursprünglich den gesamten Fernverkehr durch den Nord-Süd-Tunnel führen, der Ende Mai 2006 eröffnet werden soll. Dafür reicht die Kapazität am Südkreuz aber nicht aus.

Dort sind für den Fern- und Regionalbahnverkehr drei neue Bahnsteige geplant. Da sie vorläufig nicht alle gebraucht würden, wollte die Bahn zunächst nur zwei Bahnsteige komplett ausbauen. Jetzt will Mehdorn auch den dritten aktivieren, was jedoch erst Ende des Jahres möglich ist. Dann will der Bahnchef zumindest die Züge aus Frankfurt (Main) am Südkreuz enden lassen.

Die ICE-Einheiten erreichen so aber nicht mehr das für sie gebaute Betriebswerk in Rummelsburg, wo die Züge nicht nur gereinigt, sondern auch überprüft und repariert werden können. Dorthin geht es nur über die Stadtbahntrasse, an der auch der Bahnhof Zoo liegt. Um Zeit zu sparen und die teuren Züge schnell wieder einsetzen zu können, erhalten die ICE-Werke Fehlermeldungen schon aus dem fahrenden Zug. Diesen Vorteil gebe man bei Mehdorns Konzept auf, sagt der Fachmann, der namentlich nicht genannt werden will. Auch für das Leeren der Toiletten müsse am Südkreuz erst eine Lösung gefunden werden. Die Bahn hat nach Angaben eines Sprechers noch kein detailliertes Konzept dafür entwickelt.

Für desaströs hält Werner Franz, Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), den Plan, von Mai 2006 an die Fernzüge auf der Stadtbahn nicht mehr am Bahnhof Zoo halten zu lassen. Es sei ein „ungeheures Risiko“, sich kurz vor der Fußball-WM nur auf den dann noch nicht komplett fertigen Hauptbahnhof konzentrieren zu wollen, sagte er bei einer Diskussion der SPD am Montag.

Nach Ansicht von Christian Wiesenhütter von der IHK kann man alles machen, nur nicht an den Kunden vorbeifahren. Er forderte, dass zumindest morgens und abends weiter Züge am Zoo halten. Für den Fernbahnhof Zoo hat die frühere Pfarrerin Helga Frisch bereits rund 20000 Unterschriften gesammelt.

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