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Berlin: Mehr beraten, weniger Kontrolle

Berlins ehemalige Schulsenatorin Laurien kennt die aktuelle Debatte schon aus den Achtzigern

Schulsenatorin? Da denken heute immer noch viele Menschen an Hanna-Renate Laurien. „Ich bin so eine Art Klagemauer“, sagt Laurien, die die schulpolitische Debatte auch 17 Jahre nach ihrer Pensionierung intensiv begleitet und viele Anrufe und Briefe erhält – gerade dann, wenn ihren Nachfolgern der Job aus der Hand zu gleiten scheint.

Wie viele Schulen sie damals besucht hat, weiß sie noch genau: 224. Und sie erinnert sich gut, was sie getan hat, als die Hauptschulen 1981 schon als Problemzone erkennbar wurden. „Wir haben die Klassenfrequenz bei hohem Ausländeranteil von 25 auf 16 bis 18 gesenkt.“ Auf ihre Anregung wurde der Klassenverband in der siebten Jahrgangsstufe zu Lasten des Kurssystems gestärkt, die Zahl der Deutschstunden um eine erhöht.

Das sind Ansätze, die ihr auch heute noch sinnvoll erscheinen. „In einigen Sonderschulen haben wir die Unterrichtsverpflichtung für Lehrer ein halbes Jahr lang halbiert“, erinnert sie sich, „dafür mussten sie die Schüler in die Betriebe begleiten und sich auch später um sie kümmern.“ Ein Erfolgsmodell: 80 Prozent der Schüler bekamen eine Lehrstelle. „Doch das Programm wurde nach meinem Abschied regelrecht getötet.“ Verfehlungen ortete sie auch an höchster Stelle: „Schmidt, Kohl und Schröder haben die Lehrer diffamiert, kein Wunder, dass die Stimmung heute so aussieht.“

Die ehemalige CDU–Senatorin (1981-89) sieht die Schulen dort in der Pflicht, wo es um Kontakte zu den Eltern geht. Auch in den 80ern seien die Eltern in Problemschulen selten zu Elternversammlungen erschienen. „Aber dann muss man Anreize schaffen!“ fordert sie, Konzerte, Theateraufführungen organisieren und dort den Kontakt aufbauen. Wenn man sich kümmert, meint sie, dann lassen sich auch scheinbar verfahrene Dinge bewegen. Vor allem aber müssten Lehrer sicher sein, dass ihre Botschaften auch bei den Eltern ankommen: Wer als Lehrer ein Elterngespräch exakt von jenem Kind dolmetschen lasse, um dessen Verfehlungen es geht, der sei sehr naiv.

Zu den notwendigen Änderungen gehört für sie, dass die Lehrer auf den Einsatz in kritischen Gegenden vorbereitet und später fortgebildet werden. Die Aufsichtsbeamten gehörten in die Schule, nicht ins Büro, meint sie, „Schulaufsicht muss beraten und nicht kontrollieren!“ Mit „Kuschelpädagogik“ hat Frau Laurien nichts im Sinn. Grenzen seien unerlässlich, meint sie, distanziert sich aber von den Vorschlägen ihres Parteifreundes Jörg Schönbohm: „Strafen allein helfen nicht“, sagt sie, sie zerstörten das Selbstwertgefühl der Schüler, ohne neue Perspektiven zu schaffen.

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