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Drei Mann auf einer Treppe: Im Schauspielhaus erinnerten Matthias Platzeck, Christian Wulff und Klaus Wowereit an den Preußenkönig Friedrich den Großen.

© dapd

Mehr Schwarz als Preußisch Blau: Wulff würdigt den Alten Fritz

Friedrich der Große hat Geburtstag - Grund genug für Christian Wulff, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, über die Tugend des Politikers zu reden. Wulff warb dabei gut getarnt um Nachsicht und Verständnis.

Dreimal Friedrich zwo aus der Sicht heutiger Politiker, drei Reden über einen Mann, der 300 Jahre nach seiner Geburt aufgrund seiner Werke und Worte heute noch wichtig genommen wird: Bei der Würdigung des Geburtstags Friedrichs des Großen von Preußen mit einem Staatsakt hatte Bundespräsident Christian Wulff die delikateste Rede zu halten. Um es vorweg zu sagen: Das ist ihm gelungen.

Über den Inbegriff des Preußentums zu sprechen, ohne die sprichwörtlichen preußischen Tugenden zu erwähnen, ist nicht ganz leicht. Wulff verlegte sich im festlichen und vollen Konzerthaus am Gendarmenmarkt vor nicht preußischblau, sondern schwarz gewandetem Publikum auf den Zuwanderungspolitiker und -ermöglicher Friedrich den Großen. Hugenotten, Katholiken, Muslime – sie alle waren dem Preußenkönig als neue Bürger willkommen, musste er doch, so Wulff, kriegsbedingte Verluste unter der eigenen Bevölkerung ausgleichen.

Nicht unerwähnt blieb, dass die neuen Untertanen theoretisch nach ihrer „Fasson selig werden“ sollten (um das an diesem Tag wohl meist zitierte Friedrich-Zitat abermals zu gebrauchen), dies aber nicht immer konnten: Die Angehörigen religiöser Minderheiten durften schließlich nicht jeden Beruf ergreifen. Später, so Wulff, zumal nach 1945, sei von Friedrich, dessen militärischer Durchhaltewillen Hitler imponiert hatte, nurmehr ein Zerrbild geblieben. Dabei, so der Bundespräsident, habe der Preußenkönig nicht nur Toleranz zur Leitlinie seiner Politik gemacht. Er sei auch ein Herrscher gewesen, der den einzelnen Menschen und dessen Wohlergehen in den Mittelpunkt des Interesses gestellt habe. Das alles sei Grund genug, gegenüber Friedrich eine „Haltung des zweiten Blickes“ einzunehmen, so der Bundespräsident. „Zerrbild“, „der Einzelne und sein Wohlergehen“, die „Haltung des zweiten Blickes“ – so manche präsidiale Formulierung klang an diesem Dienstagnachmittag wie eine getarnte Werbung um Nachsicht und Verständnis. Wie auch immer: Das Publikum war dem Präsidenten gewogen und würdigte seine Worte mit sattem Applaus.

Zuvor hatten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck Friedrichs politisches und kulturelles Erbe sauber seziert und entlang der Landesgrenze aufgeteilt. Wowereit freute sich „als Berliner“ über den stadtplanerischen und baulichen Nachlass des Preußenkönigs – der Gegend um den heutigen Bebelplatz. Dann wagte der Regierende die steile These, es würde dem „weltläufigen Monarchen ganz gewiss gefallen“ haben, „dass wir heute, 300 Jahre nach seiner Geburt, mit dem Humboldtforum am Standort seines Stadtschlosses einen Ort der Begegnung mit den außereuropäischen Kulturen schaffen wollen“. Platzeck erinnerte daran, dass Brandenburg „immer das Kernland Preußens“ gewesen sei – „mit der größten märkischen Stadt Berlin in der Mitte“, wie er zur Freude des Publikums sagte. Dann warb er für das nun in Brandenburg und zumal in Potsdam eingeläutete „Friedrich-Jahr“ und zitierte am Ende eine Anekdote, derzufolge sogar in Württemberg beim öffentlichen Verlesen der Todesnachricht Friedrichs (1786) ein alter Mann gefragt haben soll: „Wer soll denn nun die Welt regieren?“ So viel Ehrfurcht habe man damals noch vor den Politikern gehabt, kommentierte Platzeck. Ob auch diese Bemerkung hintersinnig gemeint war oder nur in Anbetracht der vielen ehemaligen und altgedienten Politiker im Publikum von Richard von Weizsäcker über Eberhard Diepgen bis zu Manfred Stolpe ein Gefühl gemeinsam ertragenen Leids am undankbaren Bürger herstellen sollte, blieb offen.

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