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Hauptsache draußen. Wenn sich die Menschen an den Seen und Parks sammeln, bleibt für die Polizei selten Ärger aus: Diebstähle, Lärmbelästigung, Sachbeschädigung … Diebe haben es auch auf die Touristen abgesehen.

© picture alliance / dpa

Mehr Straftaten: Berliner im Urlaub – Polizei im Stress

Während Einheimische und Touristen den Sommer genießen, haben Polizisten besonders viel zu tun. Die Zahl der Straftaten steigt um ein Drittel.

Es ist leer geworden in Berlin, leiser und sogar etwas langsamer – die Sommerferien haben die Stadt erwischt. Es ist die Zeit für ausgedehnte Freizeitaktivitäten, für Urlaub oder zumindest für etwas weniger Stress im Job. Nicht so für die rund 16 000 Berliner Polizisten. Im Gegenteil, die Beamten der sechs Berliner Polizeidirektionen haben in den Sommermonaten um rund ein Drittel mehr zu tun. Das liegt zum einen an den vielen Menschen, die sich an schönen Tagen und Abenden an Seen und in Parks, auf Grill- und Liegewiesen treffen und die milden Temperaturen genießen. Denn mit der Zahl der Besucher steigt zugleich das Risiko für Badediebstähle, Sachbeschädigungen und Ruhestörungen, für Beleidigungen und Körperverletzungen. Was der Polizei zusätzlich Arbeit beschert: Die vielen urlaubsleeren Häuser locken Einbrecher an und die Millionen von Berlin-Touristen Taschendiebe.

Besonders viele Einsätze und präventive Streifendienste führen im Sommer unter anderem die Polizisten des innerstädtischen Polizeiabschnitts 15 durch, in dem der viel besuchte Mauerpark liegt. Hier häufen sich an einem warmen Tag die Gewerbeverstöße durch illegale Händler, in den Abendstunden kommt es zu zahlreichen Lärmverstößen und Körperverletzungen durch betrunkene Jugendliche sowie zu vereinzelten Raubtaten. Doch auch am Rand der Stadt ist Ferienzeit gleich Einsatzzeit: „Was wir im Winter mehr an Ruhe haben, haben wir im Sommer mehr an Stress”, sagt auch Polizeioberrat Jens-Eric Malchin. Das liege zusätzlich an den vielen kulturellen Großveranstaltungen in dieser Jahreszeit. Der 44-Jährige ist Leiter des Abschnittes 43, des mit fast 63 Quadratkilometer zweitgrößten Polizeiabschnitts Berlins. Er umfasst die Ortsteile Wannsee, Nikolassee und Schlachtensee sowie die westlichen Teile von Zehlendorf und Wannsee.

Gerade hier haben die Polizisten zurzeit einiges zu tun. Denn nicht zuletzt dank auf Facebook veröffentlichter Partyankündigungen zieht es immer mehr Jugendliche aus allen Teilen der Stadt an den idyllischen Schlachtensee und die Krumme Lanke. Daher ist die Polizei in diesem Sommer erstmals auch vor die Aufgabe gestellt, das Geschehen auf Facebook aufmerksam zu verfolgen. Erst am Freitag konnte eine für die Krumme Lanke angekündigte Facebook-Party mit mehreren hundert Feiernden durch aufmerksame Anwohner im Vorfeld verhindert werden – das Grünanlagengesetz verbietet solche Massenpartys.

Da die Grunewalder Seen mit S- und U-Bahn leicht erreichbar sind, halten sich hier an einem schönen Tag schon mal mehrere tausend Menschen auf. Und dann mehren sich auch die Straftaten. „Allein am Vatertag Anfang Juni kam es zu 13 Körperverletzungen“, sagt Malchin, der für diesen trubeligen Tag sogar Unterstützung aus anderen Abschnitten anfordern musste. Allerdings ist 13 zugleich die Hälfte aller zur Anzeige gebrachten Körperverletzungen in den letzten Monaten und damit gibt es in diesem Polizeiabschnitt nicht mehr solcher Delikte als in den Jahren zuvor. Seitdem Malchin vor zwei Jahren für den Sommer verstärkte Kontrollen durch seine Beamten – per Fuß und Rad, teilweise mit Hunden, mal in Zivil – eingeführt hat und Polizisten und Ordnungsamtmitarbeiter zusammen auf Streife gehen, ist die Zahl der gemeldeten Verstöße insgesamt sogar zurückgegangen.

Und tatsächlich wirkt die Szenerie an einem schönen Sommerabend auf der Liegewiese direkt gegenüber dem S-Bahnhof Schlachtensee vor allem erst mal eins: entspannt. Menschen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Hautfarben sitzen auf der Wiese. Darunter auch mehrere Gruppen Jugendlicher, einige davon haben einen Bierkasten dabei. „Ich bin 16, Bier darf ich also trinken. Und Härteres trinken die meisten hier sowieso nicht”, sagt Isabell aus Charlottenburg, die oft am Abend mit ihrer Clique an den See kommt. Eine Aussage, zu der Isabells Freunde lässig nicken und die Malchin bestätigt: „Wenn Anwohner uns wegen Alkohol trinkenden Jugendlichen rufen, stellt sich nach der Ausweiskontrolle oft heraus, dass alle über 18 sind”, sagt der Polizeioberrat. Hochprozentiger Alkohol werde generell eher wenig konsumiert.

Problematisch ist allerdings die nächtliche Randale nach dem – also möglicherweise durchaus erlaubten – Alkoholkonsum. Wenn Gruppen betrunkener Jugendlicher von der Krummen Lanke zum Bahnhof der U3 ziehen, nehmen die meisten die Abkürzung durch die denkmalgeschützte Waldsiedlung. „Die Anwohner beschweren sich über besprühte Mauern, verwüstete Gärten, zerstörte Lampen und abgetretene Autospiegel“, sagt die Steglitz-Zehlendorfer Stadträtin Barbara Loth (SPD). Die Bürgerinitiative Waldsiedlung möchte nun am liebsten das Durchwegungsrecht für den ursprünglich privaten Weg wieder rückgängig machen. In einem Brandbrief fordern rund 30 Anwohner von Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) außerdem ein komplettes Alkoholverbot am See. „Solch ein Verbot würde die personellen Möglichkeiten der Polizei weit überschreiten“, sagt Malchin. Damit seine Beamten effektiv reagieren könnten, sei es wichtig, auch kleine Straftaten nicht zu ignorieren, sondern in jedem Fall zur Anzeige zu bringen.

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