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Berlin: „Mein Glaube hilft mir“

Wie Fred Klinger aus Berlin die Bombennächte und die Tage der Ungewissheit in Bagdad erlebt

Was für eine Frage! Natürlich fürchtet er um sein Leben. „Wer würde das nicht?“ Wieso Fred Klinger trotzdem in jener Stadt ausharrt, die Nacht für Nacht bombardiert wird, und in der langsam Lebensmittel und Wasser knapp werden? „Das mache ich aus meinem christlichen Glauben heraus“, sagt der 52-jährige Sozialwissenschaftler, der sich seit langem in der katholischen Friedensgruppe Pax Christi engagiert. „Mein Glaube hilft mir und lässt mich gelassen sein.“ Auch sei die Reaktion der Iraker auf seine Anwesenheit und die der gut 200 weiteren humanitären Helfer aus dem Ausland überwältigend: „Die Menschen sind zutiefst erfreut, dass wir ihr Schicksal teilen.“ Diese Geste, davon ist Klinger überzeugt, „macht Bagdad zu einem Ort der Geschwisterlichkeit“.

An seiner Mission gezweifelt hat Klinger bislang kein einziges Mal. Er will auch nicht vor dem Ende des Krieges nach Berlin zurückkehren, wie es drei seiner Mitstreiter zu Wochenbeginn getan haben. Obwohl es gerade am Donnerstagabend, als die bis dahin schwersten Bombardements stattfanden, schon „sehr bedrohlich“ war: „Es gab einige Einschläge in der Nähe unseres Hotels, das Gebäude wackelte in seinen Grundfesten.“

Seine Tage verbrachte Klinger bisher damit, die Stadt zu erkunden und das Bagdader Leben mit Kamera und Stift zu dokumentieren. „Das öffentliche Leben ging seinen Gang, die Menschen gingen ihrer Arbeit nach und versuchten, das Nötigste in den wenigen noch offenen Geschäften zu bekommen“, sagt er und widerspricht Berichten über Fluchtwellen. „Die meisten haben weder das Geld noch die Möglichkeit, die Stadt zu verlassen.“ Auch für ihn wird das Essen knapp. „Im Hotel spart man am Gelben vom Ei. Da wird nur noch das Eiweiß in einer öligen Sauce gebraten, serviert mit einem Stück Brot und einer Pampe, die sich Marmelade nennt. Man muss sich eben beschränken.“ Sein eigentliches Vorhaben, die humanitäre Hilfe, beginnt erst, wenn die Zahl der zivilen Opfer steigt, sagt Klinger. „Ich habe mit den Dominikaner-Nonnen in einem Krankenhaus ausgemacht, dass ich im Falle eines Angriffes mit anpacke, Kranke trage oder Beistand gebe.“ Bis dahin besteht seine Haupttätigkeit im Abwarten. „Es ist wie in einer Stadt, die darauf wartet, dass die Pest kommt.“

Für den Fall längerer Bombardements, wie sie nun offenbar begonnen haben, hat Klinger sich einen Vorrat an Datteln, Paprika und Wasser angelegt, die Hausapotheke hat er stets bei sich. „Ansonsten muss man einfach sehen, dass man so gut wie es geht mit dem Leben davonkommt.“

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