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Newcomer Ahmad Al-Dali.

© Photo: Georg Moritz

Meine Woche (138): Nationalstolz

Der Syrer Ahmad Al-Dali, 26,ist seit Mai 2015 in Berlin. Hier erzählt er, wie ihm die Stadt begegnet.

Ahmad, haben Sie die Wahlen in der Türkei verfolgt?

Erdogan hat gewonnen. Finde ich seltsam. Ich dachte, dass die Türken nach so vielen Jahren ihre Haltung etwas verändert hätten. Die Menschen interessieren sich wohl leider nicht für Meinungsfreiheit, sondern nur dafür, dass es ihnen selbst gut geht.

Wie war das denn, als Sie in der Türkei lebten?

Sehr intensiv, Politik war immer präsent. Ständig gab es Proteste zwischen Kurden und Türken. Die Situation war konstant angespannt, wobei ein Großteil ja friedlich nebeneinander lebt.

Die meisten Türken waren pro Erdogan?

Ich habe damals auch einige Kurden getroffen, die ihn unterstützten. Er hatte ihnen erlaubt, ihre eigene Sprache zu sprechen. Religion ist wichtig. Und der Nationalstolz bei den Türken. Auf der Arbeit sagten viele zu mir, dass die Syrer für ihr Land kämpfen sollten, und warfen mir vor, dass ich gegangen bin.

Haben Sie deswegen die Türkei verlassen?

Nein, irgendwann gab es keine Arbeit mehr, ich hatte kaum noch soziale Kontakte. Als 24-Jähriger will man so nicht leben. Auch in Deutschland haben übrigens Leute schon gefragt, warum ich nicht für mein Land kämpfe.

Und was sagen Sie denen?

Für wen soll ich denn kämpfen? In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Ich kenne Männer, die am Ende ihrer eigenen Familie gegenüberstanden. Nur weil ich in einem Land geboren bin, muss ich für dieses Land nicht kämpfen. Ich fühle mich einem Land wegen der Menschen, die in ihm leben, verbunden, nicht wegen menschengemachter Grenzen. Irgendjemand hat festgelegt, dass eine Linie durch das Land verläuft, und jetzt müssen die Menschen die auf der anderen Seite hassen.

Welches Wort haben Sie heute für uns?

Nationalstolz, das heißt Watanya.

Die Fragen stellte Helena Wittlich.

Ahmad Al-Dali

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