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Meine Woche (39): Religion

Der Syrer Ahmad Al-Dali, 25 ,ist seit Mai 2015 in Berlin. Hier erzählt er, wie ihm die Stadt begegnet.

Ahmad, was gibt’s Neues?

Ich war zum ersten Mal in einer Kirche.

Wie kommt’s?

Der Bruder meines Freundes Bartl hat an einer katholischen Schule Abitur gemacht. Da gehörte ein Gottesdienst dazu.

Und wie fanden Sie es?

Ganz schön golden. Zu golden für meinen Geschmack.

Aber Moscheen sind doch manchmal auch pompös, oder?

Manche ja. Aber eigentlich ist es egal, wie die Moschee aussieht, es geht um den Glauben.

Gehen Sie in Deutschland in die Moschee?

Nein. Ich praktiziere meinen Glauben gerade nicht. Kein Beten, kein Ramadan und auch kein Zuckerfest jetzt am Ende des Fastenmonats.

Für Muslime ist das doch ähnlich wichtig wie für uns Weihnachten. Fehlt Ihnen da nicht doch etwas?

Ich vermisse meine Familie, das Zusammensein. Das Fest an sich aber nicht.

Gibt es einen Grund, warum Sie ihren Glauben gerade nicht praktizieren?

Ich fühle mich nicht danach, auch wenn ich immer noch an Gott glaube. Aber ich mache auch gerade viele Dinge, die gegen die Religion sind. Trinken, Rauchen. Demnächst will ich mir sogar ein Tattoo stechen lassen.

Was soll es sein?

Ein Rabenkopf. Mein Spitzname in Syrien an der Uni war Rabe, weil ich immer ganz schwarz gekleidet war. Daran haben sich aber in der Moschee viele gestört.

Ach, echt?

Ja, am Ende bin ich nicht mal mehr zu den Freitagsgebeten gegangen, weil sich die Leute so über mein Aussehen aufgeregt haben.

Welches Wort geben Sie uns heute mit?

Das arabische Wort für Religion: deen.

Die Fragen stellte Maria Fiedler.

Diese Kolumne ist gedruckt in der Tagesspiegel-Samstagsbeilage Mehr Berlin erschienen. Alle Folgen finden Sie unter diesem Link.

Ahmad Al-Dali

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