zum Hauptinhalt

Berlin: Meuterei am Müllplatz

Die BSR bietet eine „Nachbarschaftstonne“ an, aber nur für direkte Nachbarn. Dagegen wehren sich jetzt die Bewohner aus den Hausnummern 72 und 82

Jürgen K. wohnt in der Hausnummer 72 ist mit Wolfgang K. aus der Nummer 82 befreundet. Gemeinsam wollten sie Müllgebühren sparen – und haben deshalb bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) die zu Jahresbeginn eingeführte „Nachbarschaftstonne“ beantragt: ein 120-Liter- Behälter statt zwei 60ern. So würden sie pro Jahr jeweils rund 50 Euro sparen. Dachten sie zumindest.

Allerdings zählt für die BSR nicht gute Nachbarschaft, sondern nur unmittelbare: Nur die Bewohner aneinander grenzender Grundstücke können sich eine Tonne teilen. Dass die Tonnen der beiden K.s ohnehin am selben Ort beieinander stehen – nämlich in Boxen auf einer Gemeinschaftsfläche im Hof der Buckower Reihenhaussiedlung – zählt nicht. „Wir mussten eine ganz grundsätzliche Regelung treffen“, sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Fange man erst mit einer Ausnahme an, müsse man für jeden Spezialfall eine Sonderregelung treffen. Deshalb gelte die Regelung beispielsweise auch nicht für Grundstücke auf gegenüber liegenden Straßenseiten – weil die BSR nicht mit Haftungsfragen konfrontiert werden wolle, wenn ein Anwohner auf dem Weg über die Straße zu seiner Mülltonne unter die Räder gerate. Außerdem sei ein gemeinsamer Müllplatz wie in der Siedlung der K.s „ein ausgesprochen seltener Fall“.

Es gibt die Nachbarschaftstonne für Bio- und für Restmüll. Bei der Einführung hat die BSR darauf geachtet, den bürokratischen Aufwand möglichst gering zu halten. So müssen beide Nachbarn dafür unterschreiben, dass einer von ihnen die ganze Rechnung bezahlen wird. Bis Ende Januar hat die BSR nach eigenen Angaben rund 550 Nachbarschaftstonnen in der Stadt aufgestellt. Den Herren K. gab das Unternehmen den nahe liegenden Rat, sich jeweils mit ihren unmittelbaren Nachbarn zu einigen: die 72 mit der 74 und die 82 mit der 80, beispielsweise.

Die Herren K. und K. finden das Verhalten der Stadtreinigung kleinkariert und irgendwie symptomatisch für den Standort Deutschland. Deswegen haben sich jetzt entschlossen, die Welt in diesem Punkt mittels Meuterei zu verbessern und ihre Einzugsermächtigung begrenzt. „Bei Nichtberücksichtigung werden wir eine Rücklastschrift veranlassen“, haben sie der BSR geschrieben. Mit freundlichen Grüßen. obs

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false