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Berlin: MG-Veteranentreffen: Gold unter der Motorhaube und an der Seite Kiemen

Die Liebe eines Automobilisten zu seinem Fahrzeug lässt sich daran messen, wie er die Motorhaube schließt. Die übliche Technik besteht darin, sie einfach fallen zu lassen, aus einer Höhe von fünf Zentimetern (behutsam; meist weiterer Druck nötig) bis 25 Zentimetern (brutal; hoher Lärmfaktor).

Die Liebe eines Automobilisten zu seinem Fahrzeug lässt sich daran messen, wie er die Motorhaube schließt. Die übliche Technik besteht darin, sie einfach fallen zu lassen, aus einer Höhe von fünf Zentimetern (behutsam; meist weiterer Druck nötig) bis 25 Zentimetern (brutal; hoher Lärmfaktor). Doch es gibt auch eine sanfte, ja zärtliche Methode: Der Fahrer legt die Haube sachte auf und drückt dann mit dem rechten Unterarm dagegen, bis die Verriegelung einrastet. Mit dem linken geht es auch, aber Tom Gustavsson aus Odder bei Aarhus bevorzugt offenkundig rechts. Das Schließen der Motorhaube ist freilich erst dann abgeschlossen, wenn zwei zusätzliche Lederriemen festgezurrt sind und so jegliches Davonfliegen des kostbaren Blechs verhindern.

Doch es zählt nicht mal zu den edelsten Teilen des MG A 1600 Mk II, mit dem der Däne bis nach Berlin, zum 6. Internationalen Oldtimer-Treffen des hiesigen MG-Clubs, gerollt war. Wirklich kostbar wird es vorne beim ackteckigen Firmenschild, weiter unten beim Lufteinlass zum Ölkühler und schließlich innen im Motorraum: Blinkendes Gold. Das sei kaum teurer als Verchromen, erzählt Gustavsson, der mit seinem ausladenden weißblonden Schnurrbart ohne weiteres als pensionierter englischer Oberst durchginge. Die meisten Oldtimer-Enthusiasten legen vor allem Wert auf Originaltreue, noch die letzte Schraube muss authentisch sein. Nicht so der Däne, dessen ohnehin schon äußerst seltenes MG A-Coupé von 1962 nun neben zwei armdicken, seitlich herausragenden Auspuffrohren auch noch breite Luftschlitze zu beiden Seiten aufweist. Das sieht nun zwar aus, als hätte das Auto Kiemen, aber vorher, so erläutert der Däne, wurde es im Fahrerraum durch den Getriebeblock immer so heiß.

Die 128 PS der 2-Liter-Maschine konnte Gustavsson gestern natürlich nicht ausfahren. Der Korso zur Eröffnung des MG-Treffens, der mehr einer Rundfahrt zu den Sehenswürdigkeiten des neuen Berlin glich, ließ oft nur ein Zuckeln zu. Es dauert eben trotz perfekter Organisation, bis rund 100 Oldtimer vormittags durch die Berliner City gelotst sind. Das Publikum am Wegesrand ließ es sich gefallen, winkte viel, noch bei den letzten Wagen, rief gar "Wie süß", wenn mal ein Knirps bei Papa mit im Wagen saß.

Für Tom Gustavsson war es eine Premiere, mancher andere Gast war schon früher dabei, und für Clubmitglieder wie Dieter Roehll ist das Treffen sowieso Pflicht. Sein MG C von 1932 hat schon viel von der Welt gesehen: 1997 war er damit zur Rallye Paris-Peking gestartet - und angekommen. Jetzt kitzelt ihn die Reiselust wieder. Die passende Schirmmütze hat er sich schon anfertigen lassen: "Marco-Polo-Route 2001 - Seidenstraße".

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